Foto: Lisi Specht
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Der Wiener Architekt Harry Glück, Vater des Wohnparks Alt-Erlaa, wohnt mit seiner Ehefrau und einem Hund in einem Penthouse in der Josefstadt. Die Grundidee seiner Wohnung, sagt er, entspreche einer jungsteinzeitlichen Hütte.

"Das Haus stammt aus dem Jahr 1911 und wurde von Architekt Ludwig Baumann gebaut. Das ist ein Wiener Vertreter des Neobarocks, im gewissen Sinne ein Pre-Postmodernist, der auch das Konzerthaus und das Regierungsgebäude am Stubenring plante, aber generell das Pech hatte, im Schatten Otto Wagners zu stehen und keine sonderliche Berühmtheit zu erlangen. Als ich den Dachboden Anfang der Sechzigerjahre das erste Mal betreten habe, war alles schwarz, dunkles, schwarz gebeiztes Holz. Es war recht düster. Wir haben den alten Dachstuhl entfernt und aufgestockt.

"Weiße und Weite sind für mich wichtige Kriterien", sagt Architekt Harry Glück, der gerade mit Hundedame Paula verhandelt.
Foto: Lisi Specht

Mit einem mittlerweile nicht mehr mondänen Begriff könnte man diese Wohnung als Penthouse bezeichnen. Es gibt eine untere und eine obere Etage in der Dachschräge, beide Räume sind über eine Galerie miteinander verbunden. Ich wohne hier mit meiner Frau Trixi Becker und unserer vierjährigen Hundedame Paula, unserem Bullterrier in Residence, auf knapp 200 Quadratmetern.

Ich habe den Umbau 1966 fertiggestellt und in den letzten 50 Jahren daran nichts verändert – was angesichts dessen, dass die heutige Architektur eine sehr kurzlebige ist und nach wenigen Jahrzehnten meist nach einer Umdekoration verlangt, vielleicht einiges über die Qualität dieses Projekts aussagt. Weiße und Weite sind für mich wichtige Kriterien. Der Boden, der Kamin und die Einmauerung an den Seiten der Sitzlandschaft sind mit weißem Marmor aus Südtirol verkleidet. Wand, Boden und das Fell des Hundes gehen je nach Lichtsituation konturlos ineinander über. Sie könnten doch auch einmal eine Reportage machen: "Ein weißer Hund in einer weißen Wohnung".

Aber heute geht es nicht um den Hund, sondern um die Wohnung. Also: Zur weißen Leere kommen ein paar Einbauten aus dunkel gebeizter Eiche hinzu. Die Anzahl frei stehender, beweglicher Möbelstücke hält sich in Grenzen. Alles recht zeitlos, alles recht immobil. Man könnte sagen, dass die Wohnung ein klassischer offener Grundriss im Sinne der Moderne ist. Für mich hat die moderne Architektur mit Ludwig Mies van der Rohe geendet. Danach kam in Wirklichkeit nichts mehr.

Foto: Lisi Specht

Wir blicken hinaus auf die Stadt und genießen den vielleicht schönsten Ausblick, den man in der Josefstadt haben kann. Die Aussicht beherrscht den Raum. Es gibt ein riesiges Fenster mit einem Fensterbrett, auf dem einige japanische Vasen und kleinere Skulpturen stehen, die Paula erstaunlicherweise stehen lässt, sowie eine kleine Terrasse. Diese Vasen sind die Manifeste der maximalen Reduktion. Es ist wie bei Mies van der Rohe: Es gibt keinen Schnickschnack, keine Spielerei, keinen Dekor. Und wenn man das Ganze noch mehr reduzieren müsste, dann würde es sich in Luft auflösen.

Die Grundidee dieser Wohnung ist das jungsteinzeitliche Einraumhaus mit der Feuerstelle in der Mitte. Daher gibt es auch einen Kamin, bei dem man das Feuer von allen Seiten sehen und spüren kann. Das ist mir sehr wichtig. Das archaische Erbe ist in uns allen lebendig, es spricht uns alle an. So sollte man eigentlich leben. Es gibt in Wahrheit keine Alternative. Was wir in unserer Freizeit tun, spiegelt meines Erachtens unser von der Evolution mitgegebenes Erbe wider.

Was den Funktionsablauf betrifft, entspricht diese Wohnung jenen Prinzipien, für die ich mich im sozialen Wohnbau von jeher einsetze: Weite, Infrastruktur, Kommunikationsräume, Blick ins Grüne und Nähe zu Natur- und Erholungsräumen. Es gibt fast alles, was es im Wohnpark Alt-Erlaa auch gibt, nur halt ein bisschen größer. Ich bin in der glücklichen Situation, in meinem Leben viel und intensiv gearbeitet zu haben. Und so kann ich mir am Ende ein paar Quadratmeter mehr leisten. Ansonsten ist das eine fast normale Garçonnière für zwei Personen.

Wohnen als Symbiose aus archaischer Feuerstelle und maximaler Reduktion: "Die Vasen lässt Paula erstaunlicherweise stehen", sagt Harry Glück.
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Wissen Sie, ich bin für mein Alter erträglich gesund und lebe seit fast 60 Jahren mit der gleichen Frau zusammen. Ich habe eine Menge erlebt und fühle mich vom Leben beschenkt. Wenn ich mir doch etwas wünschen dürfte, dann höchstens noch einmal 40 Jahre alt zu sein. Besser 30. Dann würde ich wieder Sport treiben so wie früher." (30.4.2016)