Das Smartphone ist ein wichtiges Medium für die Angebotspalette der Fintechs.

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Wien – Das traditionelle Bankwesen kommt in Bedrängnis, aber nicht weil eine Krise ante portas steht, sondern weil junge, innovative Unternehmen – die sogenannten Financial-Technology-Firmen (Fintechs) – in immer mehr Bankbereichen angreifen. In Österreich heißen die Fintech-Start-ups Number26, Wikifolio, Conda oder Finnest. Sie bieten Möglichkeiten für Investments oder etwa die Erstellung eines Portfolios. Es gibt keine Filialen, die Dienste werden über Apps und das Internet angeboten. Der Service der Fintechs ist im Vergleich zu traditionellen Banken billiger, einfacher, überall zugänglich und ganztägig verfügbar – und wird immer häufiger genutzt. Zu diesem Ergebnis kommt der World Retail Banking Report 2016 der Beratungsunternehmen Capgemini und Efma, der Daten von mehr als 16.000 Kunden aus 32 Ländern zusammenfasst.

Digitales Bankenökosystem

Demnach haben mittlerweile 63 Prozent aller Bankkunden weltweit Produkte wie Apps, Handykonten und Robo-Berater. Aber nicht jede Bank ist auf Entwicklungen in diesem Bereich vorbereitet. So stimmen laut der Studie 96 Prozent der Bankenmanager weltweit zwar darin überein, dass sich der Sektor in Richtung eines digitalen Bankenökosystems, in dem Fintechs eine bedeutend größere Rolle spielen würden, entwickle, jedoch gaben nur 13 Prozent der befragten Manager an, ein entsprechendes System im eigenen Haus einzusetzen.

Die Nutzung der Dienstleistungen von Fintechs ist besonders in den aufstrebenden Märkten und unter jüngeren Kunden verbreitet. Aus Kundensicht seien die Dienste leicht zu bedienen (82 Prozent), bieten einen schnellen Service (81 Prozent) und ein gutes Kundenerlebnis (80 Prozent). Klassische Banken sehen im Gegensatz dazu die persönliche Betreuung und das Vertrauen als ihren größten Vorteil. Doch die Statistiken im Banking Report zeigen, dass immer mehr Menschen (88 Prozent über alle untersuchten Regionen) ihren Fintechs vertrauen und sogar mehr Kunden ihre Fintech-Anbieter weiterempfehlen würden als ihre Bank. In Westeuropa würden 36,4 Prozent ihre Bank aber 51,8 Prozent ihr Fintech weiterempfehlen.

Banken unterschätzten Konkurrenz

Wie gut Fintechs durch ihre Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit ankommen, unterschätzen Banken, wie es in der Studie heißt. "Wenn es den Banken nicht gelingt, mehr kundenrelevante Innovationen voranzutreiben, werden Fintechs bestehende Lücken nutzen und weitere Kunden hinzugewinnen", zitiert Fonds professionell Klaus-Georg Meyer von Capgemini.

Um auf den Trend reagieren zu können, sehen es fast zwei Drittel der befragten Führungskräfte in Banken als notwendig an, Fintechs als Partner zu betrachten. Dabei geht die Mehrheit der beabsichtigten Strategien momentan in Richtung Zusammenarbeit (46 Prozent) und Investment (44 Prozent). Übernahmen spielen derzeit noch eine geringe Rolle (18 Prozent). In Summe müssten die Banken laut Meyer aber agiler werden und schneller handeln, bevor sich das Zeitfenster im sich rasch entwickelnden Umfeld wieder schließe. (Bettina Pfluger, 21.4.2016)