FWF-Interimspräsidentin Christine Mannhalter sieht die Grundlagenforschung als Basis für den Wohlstand.

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Wien – Alle Jahre wieder muss der Wissenschaftsfonds FWF im Frühjahr das gleiche Lied anstimmen: Es handelt von fehlenden Mitteln, um exzellente Grundlagenforschungsprojekte zu fördern. Die Biologin Christine Mannhalter, Interimspräsidentin des FWF, beziffert die Lücke: "Uns fehlen jährlich etwa 80 Millionen Euro, um alle von der Jury als förderwürdig bezeichneten Projekte auch tatsächlich umsetzen zu können." Aufgrund eines stagnierenden Budgets, gleichzeitig aber wachsender Antragszahlen mit hoher Qualität entsteht eine Schere, "die sich seit Jahren verflixterweise nicht zusammenziehen lässt", sagt Dorothea Sturn, kaufmännische Vizepräsidentin des FWF.

In Zahlen heißt das: Der Fonds erhält noch bis 2018 jährlich 184 Millionen Euro vom Wissenschaftsministerium. Die sind fix – sie können allerdings auch nicht mehr werden. Dazu kommen mehrere kleinere Summen: zum Beispiel die Mittel der Nationalstiftung, der privaten Weiss-Stiftung, Matching-Funds mit den Bundesländern und heuer erstmals der ASMET-Forschungspreis, gesponsert von der metallverarbeitenden Industrie, die damit neue Ideen finden will. Die Christian-Doppler-Gesellschaft beauftragte schließlich schon im vergangenen Jahr den FWF, für eine Million Euro Grundlagenforschungsprojekte mit künftigem Anwendungspotenzial zu suchen.

In Summe verzeichnete der FWF 2015 einen Rückgang der Gesamtbewilligungssumme – und zwar erstmals seit dem Krisenjahr 2009: Während man im Jahr 2014 noch 211,4 Millionen Euro verzeichnete, waren es im vergangenen Jahr nur noch 204,7 Millionen. Damit gab es 2015 auch nur noch 655 Neubewilligungen. Im Jahr davor waren es noch 691. Die Bewilligungsquote ohne Doktoratskollegs (die nun eingestellt werden) und das FWF-Exzellenzprogramm SFB (Spezialforschungsbereiche) liegt damit bei 20,3 Prozent.

Schmerzgrenze 20 Prozent

Mannhalter schlägt Alarm: Es habe sich gezeigt, dass die Bewilligungsquote nicht auf unter 20 Prozent fallen sollte, weil die Wissenschafter dann keinen Sinn mehr in einem ernsthaft und aufwendig geschriebenen Antrag sehen und mehr, aber weniger gute Anträge schreiben. "Antragstellen nach dem Lotterieprinzip", sagt Mannhalter. "Wer mehr einreicht, hat mehr Chancen."

Die Qualität der heimischen Grundlagenforschung sei unbestritten. "Wir haben Köpfe im Land, die supertoll sind", sagt Mannhalter. Das hätten jüngst zuerkannte Starting und Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates ERC an in Österreich tätige Wissenschafter gezeigt. Elf seien es heuer gewesen, zehn davon wurden vom FWF gefördert. "Darauf sind wir stolz. Das zeigt, dass wir einen zentralen Beitrag für eine starke, international erfolgreiche Grundlagenforschung leisten."

Mannhalter, die die Geschäfte im vergangenen Jahr von der scheidenden FWF-Chefin Pascale Ehrenfreund übernommen hat, verweist auf Altbekanntes: Ein florierendes Wissenschaftssystem sei die Basis für Wohlstand. Wirtschaft würde ohne neue Ideen an Zugkraft verlieren, und Wissenschaft sei auch Bestandteil der Kultur eines Landes. "Das wird zu selten erwähnt", sagt Mannhalter.

Man werde nur mit mehr Mitteln für die Wissenschaft das Ziel erreichen, im Jahr 2020 zu den Innovation-Leadern in Europa aufschließen zu können. Sturn erwähnte in diesem Zusammenhang noch die Vorreiterrolle des FWF in Sachen Open Access. "Hier sind wir derzeit wirklich Innovation-Leader."

Personelle Weichenstellungen

In der nahen Zukunft wird es im FWF einige personelle Weichenstellungen geben. Am kommenden Donnerstag sind sechs Wissenschafter und Wissenschafterinnen zu einem Hearing geladen: Es sind dies Gabriele Anderst-Kotsis, Informatikerin und ehemalige Vizerektorin für Forschung an der Kepler-Universität Linz, der Rechtswissenschafter Walter Berka von der Uni Salzburg, der Steirer Klement Tockner, Direktor des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin, Mannhalter selbst, der Pharmakologe Michael Freissmuth von der Med-Uni Wien und Andrea Barta, Biochemikerin an den Max F. Perutz Laboratories in Wien.

Aus einem danach ausgearbeiteten Dreiervorschlag soll dann in einem nächsten Schritt der nächste FWF-Präsident bzw. die nächste Präsidentin gewählt werden. Amtsantritt ist am 1. September. Das gilt auch für die drei wissenschaftlichen Vizepräsidenten. Gewählt wird für vier Jahre, eine einmalige Wiederwahl ist möglich.

Eine eben fertiggestellte Evaluierung des Start/Wittgenstein-Programms, des Jungforscher- und Exzellenzförderprogramms des FWF, ergab laut Sturn nach einem ersten Blick "Lob" für die Programme. "Beide dürfen wir auf gar keinen Fall einsparen." (Peter Illetschko, 19.4.2016)