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Saudi-Arabien wäre für Förderquoten schon zu haben, aber nur, wenn auch der Iran mitzieht, woran der bisher nicht denkt.

Foto: Reuters

Außer Spesen nichts gewesen. Die einst im Westen wegen ihrer knallharten Absprachen zur Ölverknappung gefürchtete Opec ergeht sich in Selbstzerfleischung: Der erhoffte Deal auf dem Ölgipfel in Doha, eine Deckelung der Förderung auf dem Niveau vom Jänner, platzte, weil Saudi-Arabien in letzter Sekunde darauf bestand, den Iran zur Teilnahme an der Vereinbarung zu verpflichten. Teheran hatte schon im Vorfeld jede Selbstbeschränkung bei der Ölproduktion abgelehnt, solange das Land nicht das Vorsanktionsniveau von vier Millionen Barrel pro Tag erreicht habe.

Die Enttäuschung an den Märkten war groß, die Reaktion erfolgte am Montag umgehend. Der Preis für Öl der Marke Brent fiel bei Eröffnung der asiatischen Märkte um rund 4,5 Prozent auf rund 41 Dollar pro Barrel, die amerikanische Sorte WTI gar um fünf Prozent auf gut 38 Dollar.

Überangebot bleibt

Das Ende der Fahnenstange sei damit noch nicht erreicht, meint Alexander Dawydow, Analyst der Moskauer Investmentgesellschaft Instaforex. Seinen Angaben nach könnte der Preis für Brent-Öl in den nächsten Tagen auf 37 bis 38 Dollar nachgeben, bei WTI liegt die Spanne bei 34 bis 35 Dollar. Dawydow begründet das mit dem weiter vorhandenen Überangebot an Rohöl auf den Märkten. Die Produktion liegt täglich ein bis zwei Millionen Barrel über der Nachfrage – und daran werde sich auch so schnell nichts ändern.

Tatsächlich hätte auch eine Einigung in Doha daran kaum gerüttelt. Russland und Saudi-Arabien als Schwergewichte haben im Jänner auf Hochtouren produziert. Eine Absprache hätte daher vor allem psychologische Wirkung gehabt, hätte sie doch demonstriert, dass die Ölförderstaaten in der Lage sind, ihre Rivalität zugunsten eines für sie alle besseren Ölpreises beiseitezulegen.

Animositäten

Dies ist nicht der Fall, vor allem zwischen Saudi Arabien und dem Iran, politischen Kontrahenten in der Nahostregion; auch in Syrien, bleiben die Animositäten hoch. So drohen weitere Preiskämpfe. "Die Lage auf dem Ölmarkt erinnert an eine lateinamerikanische Seifenoper: Die Exporteure treffen sich, vereinbaren etwas, ändern ihre Meinung, und so geht es immer weiter", fasst Jaroslaw Podsewatkin die Rezeption der Doha-Pleite zusammen.

Die neue Ölpreisschwäche hat auch Konsequenzen auf den Währungsmärkten. Der Rubel, der sich nach seinen Tiefständen im Jänner zuletzt merklich erholte, geriet stark unter Druck. Gegenüber den Leitwährungen Euro und Dollar verlor der Rubel deutlich an Wert. Die Zentralbank erhöhte den Eurokurs um 2,79 Rubel auf 77,127, den Dollarkurs um 2,23 Rubel auf 68,272 Rubel. Analysten der Rabobank prognostizieren demnächst einen Dollarkurs von bis zu 75 Rubel.

Schlecht für Konjunktur

Auch die Wetten gegen den an den Dollar gekoppelten Riad steigen: Anleger kauften nach den Meldungen über die geplatzte Einigung verstärkt Rial-Forwards auf, Terminkontrakte, mit denen sie einen bestimmten Wechselkurs fixieren. Damit sicherten sie sich gegen eine Abwertung der saudischen Landeswährung ab.

Damit verdüstern sich die Wirtschaftsaussichten auch für kleinere Ölstaaten wie Venezuela und Aserbaidschan. Beide Länder stecken in einer tiefen wirtschaftlichen und finanziellen Krise durch das Ölpreistief.

Kartell hofft

OPEC-Generalsekretär Abdalla Salam El-Badri wiegelte immerhin Befürchtungen vor einer neuen Abwärtsspirale ab: Der Ölpreis sei bereits nahe der Talsohle, ein Absturz sei nicht zu befürchten, sagte er. El-Badri begründete dies mit steigender Nachfrage – heuer soll sie um 1,25 Millionen Barrel pro Tag steigen – und der fallenden Ölproduktion außerhalb der OPEC; hier immerhin ein Minus von 700.000 Barrel pro Tag. Tatsächlich gründet sich die Hoffnung des Kartells dabei vor allem auf den Rückgang der unrentabel gewordenen Schieferölproduktion in den USA und Kanada.

Nach Einschätzung von Analysten wird das Ungleichgewicht allerdings noch eine Weile auf dem Markt bleiben und frühestens zur Jahreswende ausgeglichen werden. Er gehe freilich davon aus, dass die Balance erst Mitte 2017 wieder hergestellt sei, erklärte Dawydow. (André Ballin aus Moskau, 19.4.2016)