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Refugium der Manhattan-Luxusmoms: Die Penthouse-Wohnungen rund um den Central Park.

Foto: AP Photo/Mark Lennihan

Ein Buch beleuchtet (Berlin Verlag) beleuchtet die Rolle der Luxus-Moms.

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New York/Wien – Mutterschaft ist auf der Insel Manhattan etwas ganz Spezielles. Das lernte Wednesday Martin sofort, als sie sich mit Mann und Babysohn in der Park Avenue niederließ, etwa auf der Höhe des Sees im Central Park. Martin, die gelegentlich für ein paar Zeitungen schrieb, tauchte damit direkt ein ins Reservat der superreichen New Yorker. Da sie promovierte Anthropologin und Sozialforscherin war, fiel ihr gleich auf, wie bizarr das Leben der "wives" rund um sie war. Und dass es ein streng reglementiertes Kastendenken und -handeln gab. Eine "Schachtelwelt", wie die Autorin schreibt.

Martin begann eine teilnehmende Beobachtung, wie die Soziologen solche Forschungen zu bezeichnen pflegen: Man ist Teil eines Phänomens, beobachtet – und leidet erst einmal, wie es bei Martin der Fall war. Die glamourösen "stay-at-home moms" mit ihrer Arroganz, ihren Spielregeln und Privilegien ließen die Neuangekommenen spüren, dass sie bzw. ihr Mann nicht ganz so viel Geld hatte wie viele hier. Und dann schrieb sie ein Buch über ihre Erlebnisse (Die Primaten von der Park Avenue, Berlin-Verlag).

Schichtadäquate Erziehung

Zuerst faszinierte Martin, dass diese gut ausgebildeten Mütter auf eine eigene Karriere verzichten und stattdessen lieber die Kinder proper und schichtadäquat aufziehen. Das ist Arbeit, trotz einer Heerschar von dienstbaren Geistern. Immer nur das Beste suchen/finden: die passende Kleinkindergruppe, Förderungen jeglicher Art, Networking schon in der Vorschule, elitäre Sportarten sowieso. Und manchmal spielt das Kleine nicht mit, will im Park mit den Gucci-Kindersneakern um 200 Dollar nur in den Gatsch hüpfen.

Entlohnung für guten Job

Die Spitze der Skurrilitäten und ungeschriebenen Gesetze der Manhattan-Luxusmoms entdeckte Martin erst im Laufe der Zeit: Sehr oft bekommen die Manhattan-Moms einen "Hausfrauenbonus", der häufig am Ende des Jahres für vollbrachte Leistungen ausgezahlt wird. Der Fantasie, welche Leistungen dabei inkludiert sind, sind kaum Grenzen gesetzt: Der Nachwuchs hat in der Schule gute Noten, Mutter und Kind sind nicht fett geworden...

Diese Boni können bereits im Ehevertrag festgesetzt worden sein oder aus purer "Großzügigkeit" gewährt werden. Natürlich können sie aus jedem beliebigen Grund auch verweigert werden.

Jammern auf hohem Niveau

Man kann dies als Jammern auf hohem Niveau abtun, doch Martin beobachtete, dass die Luxusfrauen häufig a) einen extremen Alkoholkonsum haben und b) mit den Nerven ziemlich am Ende sind. Mit einem finanziell sehr erfolgreichen Mann verheiratet zu sein bedeute eine "asymmetrische Machtverteilung" in der Ehe. Letztlich, schreibt Martin, hätten die Frauen den Status einer finanziell ausgehaltenen Geliebten.

Der größte Feind dieses Arrangements ist das Alter. Mit irrwitzigen Summen wird versucht, dem Zahn der Zeit Einhalt zu gebieten: exzessive Sportausübung, teuerste Kosmetika, Schönheitsoperationen aller Art. Den Mann und damit den Status in der Gesellschaft zu halten wird zur Obsession. Ausgewechselt zu werden, gegen eine Jüngere, bedeutet einen nicht verkraftbaren Ab-, ja Ausstieg aus dem Manhattaner Zirkel.

Erreichtes möglichst halten

Außerhausige Liebschaften des Mannes werden deshalb weggesteckt; die Ehe wird zu halten versucht, auch wenn die Beziehung längst kaputt ist. Denn auch die Freundinnen, Weggenossinnen zwischen Fitnessinstitut und Kinderspielplatz, lassen einen sofort fallen, wenn die Ehe geschieden wird. Und so wird die eigene Hausfrauenrolle aufgeplustert und teilweise mit Pseudoinhalten versehen. Das Penthouse wird geführt, wie ein Vorstandsvorsitzender ein Unternehmen leitet. Zwischen sündteuren Modeboutique- und Friseurbesuchen wird bei exklusiven Charityevents mit Gleichgestellten getratscht. Die Organisation eines Kindergeburtstags wird zum Weltereignis erklärt. (Johanna Ruzicka, 18.4.2016)