Wien – Die Nerven bei der Wiener SPÖ liegen vor dem mit Spannung erwarteten Landesparteitag am Samstag in der Messe Wien blank. Bei der angekündigten Rede von Bundeskanzler Werner Faymann werden wieder Protest- und Störaktionen befürchtet. Die roten Jugendorganisationen haben jedenfalls im Rahmen des Parteitags eine gemeinsame Aktion angekündigt, ohne diese näher zu erläutern. Hauptgrund ist der restriktive Kurs Faymanns in der Frage zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen. Schon bei der Klubklausur der SPÖ vor einem Monat hatte eine überschaubare Gruppe junger Roter gegen Faymann protestiert und dessen Rücktritt gefordert.

Aus der SPÖ Wien hieß es im Vorfeld zum STANDARD, dass "mit den Jungen Gespräche geführt worden" sind. Man sei zu dem gemeinsamen Schluss gekommen, dass "Pfeifkonzerte nicht das richtige Instrument" sind. Dass es dennoch zu einem neuerlichen Eklat kommen könne, wollte man freilich nicht ausschließen.

Den Konflikt innerhalb der Wiener SPÖ beim Flüchtlingsthema – zwischen einem strikten und einem flüchtlingsfreundlichen Kurs – heizte zuletzt Bürgermeister Michael Häupl an, der den Entwurf der Regierung zur Verschärfung des Asylrechts verteidigte. "Wir können nicht 100.000 oder 200.000 Flüchtlinge in Österreich vertragen. Da brechen unsere Sozialsysteme zusammen", sagte er am Donnerstag.

Missverständliche Häupl-Aussagen

Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler rückte danach aus, um "missverständliche Häupl-Aussagen in den richtigen Kontext zu setzen", wie es hieß: "Die von Bürgermeister Häupl genannten 100.000 bis 200.000 Flüchtlinge beziehen sich allein darauf, wenn diese jährlich und über mehrere Jahre kommen würden. Das ist selbstverständlich nicht zu bewältigen." Klar sei aber "für die Wiener SPÖ, dass es keine Obergrenzen geben kann".

Leitantrag spricht sich gegen Obergrenzen aus

Dass Häupl dahintersteht, stellte er im Vorfeld des Parteitages unter Beweis: Häupl verweigerte das Ansinnen von Nationalratspräsidentin Doris Bures, einen entsprechenden Passus im Leitantrag der Wiener SPÖ zu streichen. Die Faymann-Vertraute wollte eine Textpassage, dass das Recht auf Asyl und internationalen Schutz "durch Obergrenzen nicht beschränkbar" ist, eliminiert sehen. Der Passus blieb. Die Resolution, die den Delegierten zur Annahme vorgeschlagen wird, wurde einstimmig beschlossen.

"Schäbig und feig"

"Im Ausschuss gab es keine Wortmeldung dagegen", sagte der Donaustädter Bezirkschef Ernst Nevrivy dem STANDARD – und verneinte damit eine Frage zur Spaltung der SPÖ in dieser Frage. Nevrivy, der Richtwerte als "notwendig" erachtet und die Asylverschärfungen der Bundesregierung als "gut" bezeichnet, wird dem Leitantrag zustimmen. Ihn ärgert aber, dass die parteiinterne Diskussion nach außen gelangte. "Das ist schäbig und feig". Beim Landesparteitag sollten sich jene öffentlich auf der Bühne positionieren. Markus Rumelhart, Bezirkschef in Mariahilf, erwartet jedenfalls einen "sehr angeregten Parteitag". (David Krutzler, 15.4.2016)