Aufmauern zwischen den Fenstern nicht erwünscht: Herwig Pernsteiner zeigt Pläne, die so nicht umgesetzt werden durften.

Foto: Putschögl

Etwa ein Viertel des Neubauvolumens der ISG fließt in freifinanzierte Objekte (im Bild Reihenhäuser in Vöcklabruck).

Visualisierung: ISG

Standard: Für geförderte Neubauten in Oberösterreich gilt seit dem Vorjahr der "Standardausstattungskatalog", mit dem Wohnbaulandesrat Haimbuchner (FPÖ) den überbordenden Kosten die Zügel anlegen will. Wie geht's Ihnen damit?

Pernsteiner: Das ist eine Herausforderung. Haimbuchner hatte eine Intention, die sicher nicht unberechtigt war, aber die Anwendung für uns ist nicht so einfach. Der Teufel liegt nämlich im Detail. Es ist jetzt alles sehr stark geregelt, und jedes einzelne Projekt wird hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit analysiert. Es ist ein kompliziertes Regelwerk, das kaum einen Handlungsspielraum öffnet. Es besteht aus zwei Teilen: dem Standardausstattungskatalog sowie den Parametern und Grenzwerten. Diese Vorgaben sind in ihrer Kombination ein sehr enges Korsett. Erst kürzlich mussten wir eines unserer neuen Mietkaufobjekte umplanen.

Standard: Weshalb?

Pernsteiner: Wir hatten zwei Standardfenster geplant – das müssen jetzt übrigens immer weiße Kunststofffenster sein -, zwischen den Fenstern sollte aufgemauert werden, über jedem Fenster ein Überleger, fertig. Der Wirtschaftlichkeitsbeirat hat aber gesagt, das sei zu teuer, und hat uns zwei nebeneinanderliegende Fenster vorgeschrieben. Jetzt müssen wir aber darüber betonieren, weil die Spannweite für einen Überleger zu breit ist. Im Detail sind das Aufwendungen, von denen wir glauben, dass das mitunter ein wenig überzogen ist.

Standard: Weil Ihr erster Vorschlag wohl auch den Vorgaben entsprochen hätte?

Pernsteiner: Ja, aber die Herren im Beirat meinten, dass es noch günstiger ginge, was meiner Meinung nach nicht immer so ist.

Standard: Aber Sie haben auch keine Wahl, wenn Sie weiter gefördert bauen wollen.

Pernsteiner: Ja, das ist jetzt der politische Wille. Unter Kepplinger (SPÖ-Vorgänger Haimbuchners als Wohnbaulandesrat, Anm.) musste man alles gendergerecht ausführen. Das Pendel von damals schlägt heute in die andere Richtung aus, wobei wir auch ohne Wohnbauförderungsmittel Wohnraum schaffen. Erst kürzlich haben wir freifinanziert errichtete Mietwohnhäuser an private Investoren verkauft.

Standard: Sie bauen aber wohl nicht deshalb freifinanziert, um damit teure Grundstücke querzufinanzieren, wie das Wiener Gemeinnützige machen?

Pernsteiner: Nein, das Wiener Modell wäre hier in Oberösterreich auch gar nicht zulässig. Wir dürfen innerhalb eines Baukörpers nicht geförderte und freifinanzierte Wohnungen mischen. Wir bauen freifinanziert, um wirtschaftlich arbeiten zu können – sprich um auch mit weniger Wohnbauförderung optimal ausgelastet zu sein. Andererseits fragt der Markt die freifinanzierten Projekte ja auch nach.

Standard: Sie sind auch stellvertretender Obmann der oberösterreichischen Gemeinnützigen. Als solcher verhandeln Sie gerade bessere Konditionen mit dem Land in puncto Finanzierungen. Worum geht's da konkret?

Pernsteiner: Wir wollen, dass künftig Fixzinsvereinbarungen auch auf zehn Jahre möglich sind, um nach diesen zehn Jahren – wenn dann noch circa 45 Prozent des Darlehens offen sind – dieses neu ausschreiben zu können.

Standard: Warum?

Pernsteiner: Das meiner Ansicht nach Problematische am jetzigen, euriborgebundenen System ist, dass wir mit einem kurzfristigen Indikator – dem Euribor – langfristige Investitionsgüter finanzieren.

Standard: Sind da alle Gemeinnützigen mit im Boot?

Pernsteiner: Die meisten Gemeinnützigen unterstützen das. Das Land Oberösterreich sperrt sich aber dagegen, weil die Verantwortlichen wissen wollen, wie's dann nach den zehn Jahren weitergeht, wenn diese Darlehen zur Disposition stehen. Bei vielen Gemeinnützigen stehen Banken als Eigentümer dahinter, da sind die Länder vorsichtig. Ich bin aber der Meinung, dass wir die historische Zinssituation nützen und dafür verwenden sollten, den Wohnbau günstig und leistbar zu gestalten. Deshalb gibt's ja nun auch die Wohnbauinvestitionsbank WBIB, die die niedrigen Zinsen ausnützen soll. Globaler betrachtet, ist die Kehrseite der Medaille namens niedriger Zinsen allerdings, dass Vermögende im Vorteil sind. Die haben Sicherheiten und bekommen entsprechend gute Konditionen. Das sorgt dafür, dass sich das Verhältnis zwischen Einkommen und Wohnkosten ständig auseinanderbewegt. Der Vermögende will sein Geld gut veranlagt wissen. Also geht er in Immobilien. Da hat er einerseits die Rendite, andererseits die Wertsteigerung. Der erwirbt mit seinem Geld also Wohnraum, und vermietet diesen in der Folge an jene, die aufgrund fehlender Sicherheiten und zu geringer Einkommen keine der derzeit attraktiven Finanzierungen erhalten. Damit ist die derzeitige Zinslandschaft eher für begüterte Menschen positiv als für vermögensschwache. Zudem fragen die vermögenden Menschen eher und vermehrt das Betongold nach, wodurch die Eigentumswohnungspreise steigen und in der Folge auch die Mieten. Unter diesem Blickwinkel wird das Thema "Leistbares Wohnen" durch das "billige" Geld eher konterkariert.

Standard: Sie sind ja auch Oberösterreich-Chef der "Arge Eigenheim", eines Zusammenschlusses bürgerlicher Genossenschaften. Deren Ziel ist es, Eigentum zu schaffen. Aber wo fängt dann für Sie die Spekulation an?

Pernsteiner: Wir wollen das Eigentum nicht aus Jux und Tollerei stärken, sondern dahinter steckt der Gedanke, dass dann im Alter das Thema der Miete wegfällt, somit also eine Vorsorge getroffen wird. Hinsichtlich der Frage, ab wann das "unchristlich" wird: Das obliegt der persönlichen Moral und dem persönlichen Verständnis. Es sollte aber so sein, dass jeder eine Möglichkeit hat, wenn er einer Arbeit nachgeht, Eigentum zu erwerben. So sollten die Einkommen sein und auf der anderen Seite die Preise. Man muss aber auch die Verhältnismäßigkeit sehen. 1971 war die Wohnnutzfläche noch bei 23 Quadratmeter pro Person, jetzt bei über 44. Man hat also heute die doppelte Fläche im Vergleich zu früher, weil sich die Lebensgewohnheiten, die Ansprüche geändert haben. Das andere ist: Bautechnische Anforderungen, Normen, die Gesetzgebung im Allgemeinen haben den Wohnbau extrem verteuert. Und dann die ganzen Steuern und Betriebskosten, bei Letzteren gab's eine markante Steigerung, zwei- oder dreifach über dem VPI, bundesweit. Man kann natürlich sagen, dass diese Kosten vorher nicht marktkonform waren, jemand anderer das bezahlt hat. Früher mussten wir aber beispielsweise nicht für die gesamte Erschließung eines Grundstücks zahlen, das wurde von der Gemeinde erledigt. Da hat man den Kanalanschluss bis einen halben Meter aufs Grundstück herein bekommen. Heute muss man bis zum nächsten Schacht selbst durchbuddeln und das natürlich auch finanzieren. (Interview: Martin Putschögl, 16.4.2016)