Bagdad – Aus Protest gegen die Verschiebung einer Abstimmung über ein neues Kabinett haben Dutzende irakische Abgeordnete die zweite Nacht in Folge im Parlament verbracht. Mittlerweile beteiligten sich rund 170 Volksvertreter an dem Sitzstreik, meldete die Nachrichtenseite Al-Sumaria News am Donnerstag.

Im Streit über das neue Kabinett war es in den vergangenen Tagen mehrfach zu heftigen Wortgefechten und Handgreiflichkeiten im Parlament gekommen. Die Abgeordneten verschiedener politischer Blöcke fordern ein neues Kabinett aus Technokraten. Sie wollen damit das Klientel- und Proporzsystem beenden, das sich im Irak nach dem Sturz des Langzeitherrschers Saddam Hussein 2003 etabliert hat. Es gilt als eine der Hauptursachen für die weitverbreitete Korruption im Land.

Der schiitische Regierungschef Haidar Al-Abadi hatte vor einiger Zeit eine Kabinettsliste vorgeschlagen, die vor allem Namen von Fachleuten enthielt. Er musste sie jedoch auf Druck verschiedener Parteien ändern – zum Ärger vieler Abgeordneter. Nicht mehr ausgeschlossen sind mittlerweile eine Auflösung des Parlaments sowie vorzeitige Neuwahlen. In den vergangenen Wochen hatte es im Irak immer wieder Demonstrationen für mehr Reformen gegeben. (APA, 14.4.2016)