Wenn weder Rudolf Hundstorfer noch Andreas Khol in die Stichwahl kommen, steht am Ende ein Duell Alexander Van der Bellen gegen Norbert Hofer. Das gewinnt Hofer, weil Österreich eine strukturelle rechte Mehrheit hat und er beim alles beherrschenden Flüchtlingsthema die Mehrheit eher hinter sich hat als Van der Bellen.

Dieses Szenario wird derzeit unter politisch Interessierten als ernsthafte Möglichkeit diskutiert. Es ist nicht unrealistisch. Eine breite Stimmung im Lande lässt sich mit "alles andere ist uns lieber als die Regierungsparteien" umschreiben. Khol wird gerade von den Selbstmordattentätern in der ÖVP zerstört und Hundstorfers Wahlkampf kommt nicht vom Fleck. Klassische SPÖ-Wähler, die zur FPÖ abwandern, hätte man vielleicht mit Hofers Burschenschaft-Hintergrund schrecken können. Aber das wurde zu wenig thematisiert.

Wenn Norbert Hofer Bundespräsident wird, wäre es mit einiger Wahrscheinlichkeit der endgültige Übergang zum Orbánismus in Österreich.

Hofer hat erklärt, dass er als Bundespräsident im vergangenen Herbst die Regierung wegen ihrer Flüchtlingspolitik entlassen hätte; und dass er sie entlassen würde, wenn ihm als gewähltem Präsidenten irgendetwas nicht passt.

Ein solcher Präsidentenputsch ist nicht mehr so unvorstellbar, wie er noch vor wenigen Monaten schien. Die FPÖ will an die Macht und wahrscheinlich nicht mehr bis 2018 warten. Wenn ein Bundespräsident Hofer die SP/VP-Regierung entlässt, gibt es zwangsläufig Neuwahlen. Je nachdem wie geschickt man vorgeht, könnte die FPÖ, die derzeit weit vor SPÖ und ÖVP liegt, stärkste Partei werden.

Aber auch ohne das Hofer'sche Entlassungsszenario ist es recht wahrscheinlich, dass die FPÖ die Nummer eins wird. Mit dem Hofer-Szenario dann allerdings um einiges schneller.

Das Charakteristikum der neuen politischen Situation in Österreich ist, dass das immer mehr Bürgern als irgendwie akzeptabel erscheint. Wird schon nicht so arg werden, und schlechter als die jetzige Partie kann es auch nicht sein – so lautet in etwa die Stimmung. Das große Achselzucken ist im Gange.

Zu wenige geben sich darüber Rechenschaft, was die realen Folgen einer dominanten FPÖ wären. Zwar hat man das Beispiel der schwarz-blauen Koalition von 2000 bis 2006, wo sich die FPÖ mit Inkompetenz und Korruption hervorgetan hat, nebenbei mit hinterhältigen Attacken gegen Kritiker (erinnert sich jemand an die "Polizeispitzel-Affäre"?).

Das alles bekämen wir wieder, aber noch verstärkt, gepaart mit außen- und wirtschaftspolitischen Wahnsinnigkeiten: etwa einem EU-Austritts- oder Obstruktionskurs, gekoppelt mit einer Anlehnung an Russland. Und/oder eine Schuldenorgie, um allerlei sozialpolitische Goodies – aber nur für echte Österreicher – zu finanzieren.

Da geht es hin, und es würden sich schon Umnachtete in ÖVP und auch SPÖ finden, die das mitmachen. Momentan scheint der Zug unaufhaltsam in diese Richtung zu fahren; mit einem Bundespräsidenten Hofer wären die Weichen endgültig gestellt. (Hans Rauscher, 12.4.2016)