Rudolf Hundstorfer vor Rudolf Hundstorfer: "Mit den Umfragen, die die Regierungsparteien betreffen, beschäftige ich mich nicht. Es wird bei dieser Wahl der Bundespräsident gewählt."

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Über den neuen Innenminister Wolfgang Sobotka: "Der ist sehr eckig und kantig. Er wird darauf achten müssen, dass sich seine Sprache ändert. Er ist sehr direkt."

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Sollte er nicht in die Stichwahl kommen, hätte das keine Auswirkungen auf SPÖ-Chef Werner Faymann, sagt Hundstorfer: "Dann ist das mein Thema, nicht das von anderen."

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Der SPÖ-Kandidat in seinem Wahlbüro in der Wiener Herrengasse. Sein Gehalt bezieht er von jenem Verein, der seinen Wahlkampf managt.

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"Ich habe sehr viele positive Erlebnisse. Ich bin nicht blauäugig, ich bin schon hellhörig, aber Sorgen mach ich mir keine."

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Über den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer sagt Hundstorfer: "So einen Bundespräsidenten würde ich nicht haben wollen."

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STANDARD: Besitzen Sie eine Waffe?

Hundstorfer: Nein, wirklich nicht.

STANDARD: FPÖ-Kandidat Hofer besitzt eine, der muss sich schützen. Sie nicht?

Hundstorfer: Es ist bedenklich, dass Hofer angeblich auch zu Parteiveranstaltungen mit der Waffe gegangen ist. In meinem Umfeld hat niemand eine Waffe.

STANDARD: Tangiert Sie die aktuelle Regierungsumbildung?

Hundstorfer: Das ist Angelegenheit einer der Koalitionsparteien.

STANDARD: Hat das Auswirkungen auf den Wahlkampf?

Hundstorfer: Das müssen Sie die fragen, die meinen, sie müssen das jetzt machen. Mich tangiert das nicht. Den Herrn Sobotka kenn ich. Der ist sehr eckig und kantig, er wird darauf achten müssen, dass sich seine Sprache ändert. Er ist sehr direkt.

STANDARD: In der SPÖ gibt es einen Konflikt über die Flüchtlingspolitik, da stehen auch Wiener SPÖ und Bundes-SPÖ gegeneinander. Wo stehen Sie? Eher beim Bundeskanzler oder doch auf der Seite des Wiener Bürgermeisters?

Hundstorfer: Das ist Angelegenheit der Partei.

STANDARD: Sie sind dort Mitglied.

Hundstorfer: Wichtig ist etwas anderes: Wie können wir die Menschen in unserem Land integrieren? Es ist viel geschehen, auch unter massiver Mithilfe der Zivilgesellschaft. Es wird auch in Zukunft eine Aufnahme von Flüchtlingen geben, wenn auch eine reduzierte. Was die aktuelle Gesetzesänderung betrifft, kann ich nur sagen: Warten wir, bis die Verhandlungen fertig sind.

STANDARD: Das Gesetz ist am Donnerstag im Innenausschuss.

Hundstorfer: So weit ich informiert bin, gibt es noch Gespräche.

STANDARD: Ist eine Verschärfung des Gesetzes notwendig?

Hundstorfer: Es ist notwendig, sich darauf vorzubereiten, dass es sein kann, dass wir größere Schwierigkeiten bekommen. Wenn Deutschland nicht klar signalisiert, was es zu tun gedenkt, läuft Österreich Gefahr, der Puffer zu werden. Wir können dieser Puffer nicht sein. Wir haben im Vorjahr gesehen, was das für Kapazitätsproblematiken hervorgerufen hat. Aber es soll auch für die Zukunft das Signal geben: Ein gewisses Volumen nehmen wir jedes Jahr. Aber es kann sein, dass die Kapazitäten einmal erschöpft sind.

STANDARD: Das wäre dann der Notstand, von dem die Regierung redet.

Hundstorfer: Wenn ich mich gewissenhaft vorbereiten will, muss es auch eine Bestimmung geben, was wir tun, wenn es einen Notstand gibt.

STANDARD: Aber jetzt sehen Sie keinen Notstand?

Hundstorfer: Heute haben wir keinen Notstand. Die große Frage ist, was Deutschland tut, das hat Auswirkungen auf uns.

STANDARD: Wir haben auch eine Grenze zu Italien und machen den Brenner dicht, ganz unabhängig von Deutschland.

Hundstorfer: Weil eben die europäische Aufteilung nicht klar ist. Würde die Aufteilung in Europa funktionieren, brauchen wir über den Brenner gar nicht diskutieren. Den Brenner dichtzumachen ist die allerletzte Maßnahme. Wir wissen alle, was das bedeutet, von der Symbolik her, aber auch für den Tourismus. Ich hoffe immer noch, dass Europa funktioniert. Wir brauchen eine europäische Lösung.

STANDARD: Aus den Umfragen ergibt sich derzeit ein eher trübes Bild für die Koalition. Wie erklären Sie sich das?

Hundstorfer: Mit den Umfragen, die die Regierungsparteien betreffen, beschäftige ich mich nicht. Es wird bei dieser Wahl der Bundespräsident gewählt. Es wird nicht über den Nationalrat oder die Regierung abgestimmt.

STANDARD: Dennoch: Warum steht die Regierung so schlecht da?

Hundstorfer: Die Regierung bemüht sich, Dinge abzuarbeiten, so schwierig und komplex die Themen auch sind. Aber sie tut etwas. Und damit steht sie auch in der Kritik. Was tut die FPÖ? Der Herr Hofer ist immer nur dagegen. Haben Sie schon einmal gehört, dass der für etwas ist? Außer Stacheldraht an der Grenze? Das ist nicht das Europa, das ich mir vorstelle.

STANDARD: Der Zaun an sich ist der Regierung aber auch nicht fremd. Den Zaun an der Grenze hat die Regierung auch ohne FPÖ-Beteiligung aufstellen lassen.

Hundstorfer: Da geht es nur darum, dass man die Registrierung kanalisiert. Im Burgenland hab ich noch keinen Zaun gesehen.

STANDARD: Ihre eigenen Umfragewerte sind auch nicht so besonders.

Hundstorfer: Diejenigen, die die Umfragen machen, erklären gleichzeitig, dass man die nicht ernst nehmen muss und dass noch alles möglich ist. Abgerechnet wird am 24. April. Ich habe sehr viele positive Erlebnisse. Ich bin nicht blauäugig, ich bin schon hellhörig, aber Sorgen mach ich mir keine.

STANDARD: Mit was für einem Gefühl würden Sie Heinz-Christian Strache angeloben? Sie würden ihn doch angeloben, wenn die FPÖ stärkste Kraft würde?

Hundstorfer: Ich stehe dazu, dass die Demokratie ihre Spielregeln hat. Wenn es ein demokratisches Wahlergebnis gibt, ist das zu respektieren. Das Entscheidende ist in Wahrheit die stabile Mehrheit im Parlament. Die persönliche Befindlichkeit hat hier nichts verloren. Man kann über einzelne Personen und über die Ministerliste diskutieren, aber wenn es eine stabile Mehrheit gibt, ist daran nicht zu rütteln.

STANDARD: Strache würden Sie also angeloben, wenn er Chef der stimmenstärksten Partei wäre?

Hundstorfer: Persönlich gefällt mir diese Entwicklung nicht. Mir gefällt auch nicht, dass ich einen Nebenkandidaten habe, der bei einer Burschenschaft ist, die die österreichische Nation für eine Fiktion hält. So einen Bundespräsidenten würde ich nicht haben wollen. Das muss man alles in der Vorbereitung der Wahl thematisieren. Aber wenn das Volk abgestimmt hat, hat es abgestimmt. Ich versteh auch den Herrn Professor nicht, wenn er meint, dann kann man einfach noch einmal wählen, wenn ihm das nicht gefällt.

STANDARD: Angenommen, Sie schaffen es nicht in die Stichwahl: Welche Auswirkungen hätte das auf die Bundespartei? Geriete dann auch der Parteichef unter Druck?

Hundstorfer: Diese Frage stellt sich für mich nicht. Das Amt des Bundespräsidenten ist eine Persönlichkeitswahl. Es geht nicht um eine Partei, um die Regierung oder das Parlament.

STANDARD: Aber es gibt eine Partei, die Sie nominiert hat.

Hundstorfer: Ich habe mich selbst bereiterklärt, die Partei steht voll hinter mir, ich habe ihre volle Unterstützung. Aber es geht um meine Person. Wenn es hypothetisch eintrifft, dann ist das mein Thema, aber nicht das Thema von anderen.

STANDARD: Eine Frage zu Ihrem Gehalt: Sie sind bei jenem Verein angestellt, der Ihren Wahlkampf managt und der von der SPÖ finanziert wird ...

Hundstorfer: Nein, das ist falsch. Es gibt Spenden, es gibt Geld von der sozialdemokratischen Gewerkschaft.

STANDARD: Und von der Partei.

Hundstorfer: Nein, für das nicht.

STANDARD: Die Partei finanziert doch den Verein.

Hundstorfer: Ja, einen Großteil übernimmt die Partei, was dann auch so veröffentlicht wird.

STANDARD: Sie haben gesagt, Sie müssten im Wahlkampf schließlich von etwas leben. Wären Sie nicht auch mit etwas weniger als mit 13.000 Euro ausgekommen?

Hundstorfer: Ich habe freiwillig mein Ministeramt zurückgelegt. Ich bin Bediensteter der Stadt Wien, hätte am nächsten Tag meinen Dienst antreten sollen und habe einen Urlaub ohne Bezüge angetreten. Erstmalig seit meinem 18. Lebensjahr bin ich jetzt in einem Angestelltenvertrag, und dafür wird kein Steuergeld verwendet.

STANDARD: Es geht um die Höhe Ihres Gehalts, über die man diskutieren kann. Mit weniger wären Sie nicht ausgekommen?

Hundstorfer: Die Höhe ist abgeleitet von den 75 Prozent des Ministergehalts, die es sonst als Entgeltfortzahlung gibt. Ich glaube, das ist argumentierbar. Herr Hofer bekommt seine 14.000 Euro als Nationalratspräsident und macht den Wahlkampf angeblich nebenbei. In Wahrheit macht er nur Wahlkampf.

STANDARD: 13.000 Euro monatlich bringen Sie nicht in einen Argumentationsnotstand gegenüber Ihrer Wählerschaft?

Hundstorfer: Es wäre dann ein Argumentationsnotstand, wenn das Steuergeld wäre. Aber es ist total sauber geregelt.

STANDARD: Sie kommen jetzt viel in Österreich herum. Was sind die dringlichsten Anliegen, die an Sie herangetragen werden?

Hundstorfer: Pensionen, Arbeitsmarkt.

STANDARD: Und Flüchtlinge?

Hundstorfer: Nummer drei.

STANDARD: Derzeit wird heftig über die Mindestsicherung diskutiert. Soll man die deckeln oder bei Flüchtlingen überhaupt kürzen?

Hundstorfer: Nein. Ich bin strikt dagegen, dass man anfängt, bei den Ärmsten der Armen zu sparen.

STANDARD: Egal, ob Österreicher oder Flüchtling?

Hundstorfer: Egal. Wenn jemand Anspruch hat, ist die Nationalität sekundär. Was man tun muss, ist das, was Vorarlberg mit der Integrationsvereinbarung gemacht hat. In Wien wird das auch so gehandhabt. Wenn jemand Termine versäumt, wird das gemeldet, dann gibt es Sanktionen. Die Wiener haben im Vorjahr 11.000-mal die Mindestsicherung gekürzt, teilweise bis null.

STANDARD: Diese Sanktionsmöglichkeiten bestünden in allen Bundesländern, nur wird das sehr unterschiedlich gehandhabt.

Hundstorfer: Leider, obwohl die Vorarlberger Lösung die fairste aller Vorgangsweisen ist. Man kriegt Sachleistungen, man kriegt Geld, aber man muss Bedingungen erfüllen. Das sind Termine beim AMS, Termine für einen Deutschkurs. Wenn das nicht passiert, gibt es Sanktionen. Aber widmen wir uns doch lieber den Steuerbetrügern. Wenn ÖVP und FPÖ mit dem gleichen Feuereifer bei dieser Debatte dabei wären, wäre das schön. (Michael Völker, 13.4.2016)