Für oder gegen Fujimori – wieder einmal ist dies die Entscheidung, vor der die Peruaner in einer Stichwahl stehen. Das mag seltsam erscheinen. Immerhin sitzt Alberto Fujimori, der Vater von Keiko, wegen Korruption und Menschenrechtsverbrechen im Gefängnis. Seine Diktatur verbündete sich mit der Drogenmafia, löste den Kongress auf, bildete Todesschwadronen und unterschlug Milliarden US-Dollar. Wieso ist das 39 Prozent der Peruaner egal? Sie erinnern sich entweder gar nicht an die Zeit oder verbinden mit dem Namen Fujimori die erste Straße oder Schule in ihrem Dorf, Wirtschaftswachstum und eine harte Hand gegen die Terroristen des Leuchtenden Pfads.

Geschickt und geduldig baute Tochter Keiko ihre Fuerza Popular auf – inzwischen die stärkste politische Kraft des Andenlands. Dass sie damit ankommt, ist ein Zeichen für die schwache demokratische Kultur Perus: Der "Caudillo" als starke Führungsfigur prägt Lateinamerika bis heute.

In Peru kommt erschwerend hinzu, dass unter Alberto Fujimori die kritische Zivilgesellschaft mundtot gemacht wurde – und das wirkt bis heute nach. Der Rechtsstaat und die Institutionen sind schwach und korrupt, das Bildungssystem ist miserabel und merkantilistisch. Keikos Erfolg ist eine Ohrfeige für eine politische Elite, die versagt hat. Denn unter den Anhängern Keikos sind viele Protestwähler – dermaßen frustriert über die miserable Qualität der Demokratie, dass sie blind bereit sind, diese über Bord zu werfen. (Sandra Weiss, 11.4.2016)