Ehrgeiz, Sturheit – aber wenig Schlaf

Christoph Reinwald studiert, arbeitet und engagiert sich für Studenten

Wien – 100-Stunden-Wochen können schon vorkommen im Leben von Christoph Reinwald. Der 38-Jährige studiert im berufsbegleitenden Master Biotechnologisches Qualitätsmanagement an der FH Campus Wien und arbeitet 40 Stunden in der Qualitätssicherung eines Pharmaunternehmens. Auch den Bachelor hat Reinwald berufsbegleitend absolviert. "Ich habe davor sehr lange nachgedacht, ob ich den Einstieg überhaupt wagen soll. Mir war bewusst, dass es sehr intensiv wird", sagt Reinprecht.

Gearbeitet hatte er auch schon während des Medizinstudiums. Sechs Jahre studierte er an der Uni Wien, daneben jobbte er als OP-Assistent. "Am Ende leider mehr, als gut war." Das Studium konnte er nicht abschließen. Es folgten einige Jahre, in denen Reinwald ausschließlich arbeitete. Der Wechsel in den Pharmabereich sorgte bei ihm für den Wunsch, sich weiterzubilden. "Ich habe gar nicht mit dem Anspruch begonnen, fertig zu werden", erinnert er sich. Es klappte dann doch besser als gedacht, und so folgte gleich der Master, "aus Ehrgeiz und Sturheit", sagt er.

Berufsbegleitend bedeutet im Falle von Reinwald viermal pro Woche Unterricht, meistens von 18 bis 22 Uhr. "Ich bin dann gegen halb elf daheim, muss dann meistens noch was für die Firma machen und bin somit erst gegen zwei Uhr im Bett." Schlafen könne er dann so lang, bis ihn seine elf Monate alte Tochter aufwecke, "meistens gegen halb sieben", sagt Reinwald. Die Unterstützung durch seine Lebensgefährtin sei maßgeblich, und auch der Arbeitgeber zeige sich flexibel, wenn die eine oder andere Arbeitsstunde für ein FH-Projekt draufgehe. Neben Studium und Arbeit engagiert sich Reinprecht auch noch für die Anliegen der Studierenden, ist Studiengangs- und Jahrgangsvertreter. "Das ist mir ein Anliegen. Immerhin habe ich mehr Erfahrung als viele der Jungen."

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Anders als gedacht

Elisa Hahn vermisst die freie Zeiteinteilung der Unis

Wien – Einen Trick für das richtige Zeitmanagement habe sie eigentlich nicht, sagt Elisa Hahn, die im zweiten Semester des Masters Tissue Engineering and Regenerative Medicine an der FH Technikum Wien studiert. Für Hahn stellt dies eine große Neuerung dar, den Bachelor absolvierte sie an der Universität für Veterinärmedizin, "wo alles viel flexibler war". Ein Jobangebot habe sie dann zu einem Wechsel bewogen, "der verschulte Charakter und die fixen Anwesenheitszeiten können ja gerade bei Berufstätigen ein Vorteil sein", sagt Hahn.

Drei Tage die Woche finden Lehrveranstaltungen am Abend statt, das sei zumindest offiziell so. Was die Biotechnologin damit meint? "Die fixen Zeiten werden oft nicht eingehalten. Teilweise finden Lehrveranstaltungen auch am Vormittag statt, das geht mit einem Job daneben nur schwer." Hahn habe Glück, sie habe einen flexiblen Arbeitgeber. Mehr als die 20 Stunden, die sie aktuell im Labor arbeitet, wären aber nicht drin. "Denn zu den Lehrveranstaltungen kommen auch noch Laborzeiten, Hausübungen und Projektarbeiten hinzu." E-Learning-Angebote gebe es eigentlich gar keine, für die Lehrveranstaltungen finden sich alle in der Fachhochschule ein. "Natürlich wären Online-Seminare eine Möglichkeit, es Berufstätigen zu erleichtern", sagt Hahn.

Nicht alle Studienkollegen haben es allerdings so stressig wie Hahn, "viele arbeiten gar nicht nebenher".

Der Gedanke, wieder an die Uni zu wechseln, sei ihr schon öfter gekommen, "das Durchgeplante ist einfach nicht mein Ding. Ich habe mir das alles einfach anders vorgestellt." Hahn bleibt aber guter Dinge und möchte den Master auch abschließen. Sie habe bereits ein Angebot bekommen, wo sie ihre Masterarbeit verfassen kann, diese Chance möchte sie ergreifen.

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Ohne Motivationstief zum Master

Gut die Hälfte des Studiums absolviert Holger Reitner online

Kapfenberg – Für Holger Reitner geht der Feierabend häufig in einen langen Abend vor dem Bildschirm über. Etwa jede zweite Woche finden die Lehrveranstaltungen im Masterstudium IT and Mobile Security der FH Joanneum nämlich online statt. "Natürlich ist es angenehm, dass man die eigenen vier Wände nicht verlassen muss. Man spart sich dadurch Zeit", sagt der 37-Jährige. Die Vorlesungen erfolgen live, während der oder die Vortragende spricht, werden Folien angezeigt oder Aufgaben gestellt. Auch Interaktion mit Studienkollegen oder Lehrenden ist möglich – entweder durch Textnachrichten oder via Skype. Mitnehmen würde er beim Präsenzunterricht aber trotzdem mehr.

Nach sieben Jahren im Berufsleben, in das er gleich nach Matura und Bundesheer eingetreten war, entschied er sich für eine berufsbegleitende Weiterbildung. "Ich hatte mir als Programmierer viel beigebracht, aber irgendwann steht man an", sagt der zweifache Vater über die Beweggründe. Natürlich hätte auch die bessere Auftragslage durch eine akademische Ausbildung eine große Rolle gespielt.

Bereits den Bachelor in Software-Design absolvierte Reitner mit einer Vollzeitanstellung nebenher, außerdem sei er zusätzlich noch selbstständig tätig gewesen, "das musste ich in den letzten Jahren zurückfahren". Sein Arbeitgeber komme ihm glücklicherweise entgegen: "Es ist kein Problem, wenn ich am Freitag früher gehe. Ich muss halt schauen, dass ich dann schon bei meinen 40 Stunden bin."

Ursprünglich hatte Reitner geplant, nach dem Bachelor ein Jahr Pause einzulegen. "Aus Angst vor einem Motivationstief habe ich dann aber doch gleich weitergemacht." Um alles unter einen Hut zu bekommen, wählt Reitner bei Prüfungen meist den zweiten Termin, diese Strategie habe sich bewährt

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Langweilig, nur zu lernen

Gelerntes gleich im Job anzuwenden gefällt Julia Wiesinger

Linz – Party und Freizeit im ersten Semester? Nicht für Julia Wiesinger, dafür war nach der Matura an einer HAK mit Spezialisierung auf IT keine Zeit. "Ich habe dann eigentlich gleich begonnen Vollzeit zu arbeiten und habe im Herbst mit dem berufsbegleitenden Bachelor in Software-Engineering an der FH Oberösterreich angefangen." Nur zu lernen sei ihr einfach zu langweilig gewesen, begründet sie ihre Entscheidung. Und: "Ich wollte auch Karriere machen." Fast fünf Jahre später besteht der Alltag der 24-Jährigen immer noch hauptsächlich aus Studium und Arbeit.

Der doppelte Einsatz machte sich schnell belohnt: Nach zwei Jahren wurde Wiesinger von der einfachen Programmiererin zur Teamleiterin, jetzt hat sie drei bis vier Kollegen unter sich. Für die Vorgesetzten sei die Doppelbelastung eher willkommen gewesen, denn als Einschränkung gesehen worden: "Hier gibt es viel Verständnis, mein Chef hat die gleiche Ausbildung absolviert und weiß, wie das ist." 95 Prozent des Unterrichts finden in der Fachhochschule statt, nur selten wird ein Fach als Onlinemodul angeboten. Etwa eine Woche Urlaub gehe jedes Jahr für die Präsenztage in der Fachhochschule drauf, damit müsse man rechnen. Am besten gefällt Wiesinger, dass sie das Gelernte sofort in der Arbeit umsetzen kann. "Wenn ich am Freitag Java-Klausur habe, kann ich am Montag darauf gleich damit arbeiten."

Natürlich sei es manchmal anstrengend und man frage sich, warum man sich für diesen Weg entschieden habe. Aber das seien nur ganz kurze Momente. Mittlerweile studiert Wiesinger Information Engineering and Management an der FH Oberösterreich und schließt im Juli mit dem Master ab. "Hoffentlich", sagt sie und lacht. Die Arbeit habe sie momentan auf 32 Stunden reduziert. Nach fünf Jahren freue man sich auf ein absehbares Ende. (Lara Hagen, 11.4.2016)

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