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Ein Mann versucht den Zaun an der griechisch-mazedonischen Grenze zu überwinden.

Foto: REUTERS/Marko Djurica

Berlin – Nach der unter anderem von Österreich vorangetriebenen Schließung der Balkanroute ist die Zahl der neu angekommenen Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden nur noch gut 20.000 Asylsuchende erstregistriert, teilte Innenminister Thomas de Maizière am Freitag mit. Im Februar waren es noch gut 60.000, im Jänner etwa 90.000.

Die Zahl der Asylanträge lag im März deutlich über der Zahl der Neuregistrierungen: So stellten im vergangenen Monat fast 60.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag. Hintergrund ist, dass das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei der Bearbeitung der Anträge weit im Rückstand ist und viele Menschen erst lange nach ihrer Ankunft einen Asylantrag stellen können.

Zu früh für Jahresprognose

"Die Zahl der Asylanträge steigt", sagte de Maiziére. "Die Zahl derer, die nach Deutschland kommen, sinkt." Das sei nur ein scheinbarer Widerspruch und bedeute, dass die Abarbeitung der Altfälle nun vorankomme. Die Zahl der unerledigten Anträge beim Bamf stieg allerdings auf mehr als 400.000.

Es sei zu früh, für das gesamte laufende Jahr eine Prognose abzugeben. "Wir wissen nicht, wie sich die Umsetzung des Türkei-Griechenland-EU-Abkommens dauerhaft entwickelt", sagte de Maizière. Die weitere Entwicklung müsse hier ebenso abgewartet werden wir die Möglichkeiten, dass sich Ausweichrouten entwickeln. Der Minister nannte hier insbesondere die Route von Libyen nach Italien.

Abkommen zur leichteren Rückschiebung

De Maizière verwies zudem auf den starken Rückgang der Zugänge aus den Balkanstaaten. Dieser mache deutlich, dass die gesetzliche Einstufung dieser Länder als sichere Herkunftsstaaten durchaus Wirkung zeige. Er strebt diese Einordnung auch für die nordafrikanischen Länder Marokko, Algerien und Tunesien an.

Insgesamt seien in den ersten beiden Monaten 2016 zudem 4.500 Menschen abgeschoben worden, mehr als doppelt so viele wie vor einem jahr. Am Freitag wurden erstmals auch 24 Tunesier mit einem Charterflugzeug abgeschoben. Ein Abkommen zur leichteren Rückschiebung abgelehnter Asylwerber hatte Deutschland erst vor kurzem mit Marokko, Algerien und Tunesien ausgehandelt. Für alle drei Staaten gibt es aktuell keine Rückübernahmeabkommen auf EU-Ebene, Österreich hat ein solches bilateral mit Tunesien.

De Maizière behält sich Entscheidung über Grenzkontrollen vor

Im Streit mit Bayern über einen Wegfall der Kontrollen an den deutschen Grenzen pocht de Maizière auf seine Entscheidungsbefugnis. Selbstverständlich werde er mit den Bundesländern und dem "hauptbetroffenen Bundesland" darüber reden. "Aber es bleibt eine Entscheidung des Bundesinnenministers."

De Maizière hatte diese Woche in Aussicht gestellt, dass die Grenzkontrollen etwa an der deutsch-österreichischen Grenze in Bayern nach dem 12. Mai wegfallen könnten, wenn die Flüchtlingszahl so niedrig bleibt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer warf ihm daraufhin einen "selbstherrlichen Regierungsstil" vor, da er nicht einbezogen worden sei.

Knapp 100 Anträge pro Tag in Österreich

Auch in Österreich nimmt die Zahl der Schutzsuchenden ab. Rund 100 Asylanträge gibt es laut Innenministerium im Moment, DER STANDARD berichtete. Die Regierung will das "Grenzmanagement" dennoch ausweiten. Ab 1. Juni soll an mindestens vier weiteren Übergängen kontrolliert werden: im burgenländischen Nickelsdorf und Heiligenkreuz, am Brenner in Tirol sowie in Thörl-Maglern in Kärnten. Die Planungen seien eingeleitet, noch werde aber nicht gebaut, hieß es am Donnerstag aus dem Innenministerium.

Asylrechtsänderung soll mit ersten Juni kommen

Spätestens am 1. Juni sollen auch die geplanten Asylrechtsänderungen in Kraft sein. Dann will das Innenministerium auch an mehreren Orten die zusätzlichen Kontrollen, wie sie bereits im steirischen Spielfeld vorgenommen werden, ausweiten. Kontrolliert werden soll laut Ressort "lageangepasst", also dann, wenn es die Situation auch wirklich erfordert, zuerst an jenen Übergängen, wo man mit neuen Migrationsströmen rechne. Bereits in den kommenden Tagen soll zudem am Tiroler Brenner sowie im Burgenland – auch ohne bauliche Maßnahmen – personell verstärkt kontrolliert werden.

"Bauliche Maßnahmen" werden ausgeweitet

Insgesamt sind es nach Spielfeld zwölf weitere Grenzübergänge, an denen bauliche Maßnahmen gesetzt werden sollen. Zusätzlich zu den vier genannten Orten sind das die steirischen Übergänge Bad Radkersburg und Langegg, in Kärnten der Karawankentunnel, Lavamünd und Bleiburg-Grablach und in Tirol Sillian und der Nauders-Reschenpass. Der Brenner in Tirol zählt doppelt, da es sich um die Autobahn und die Bundesstraße handelt.

In Kärnten seien die Planungen zu Sicherungsmaßnahmen an den Grenzübergängen seit geraumer Zeit abgeschlossen, sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio. Die Konzepte – insbesondere zu den Grenzübergängen Karawankentunnel, Lavamünd, Bleiburg-Grablach und Thörl-Maglern – liegen in der Schublade, eine Weisung zur Umsetzung aus dem Innenministerium gebe es jedoch noch nicht.

Wenige Aufgriffe am Brenner

Nachdem die Bundesregierung grünes Licht für das Grenzmanagement am Brenner gegeben hatte, betonte die Tiroler Polizei zuletzt, dass die gesamte Infrastruktur bis Ende Mai hochgefahren sein werde. Mit den Grenzkontrollen könne aber schon früher parallel dazu begonnen werden. Derzeit wird am Brenner noch schengengemäß kontrolliert. Zuletzt war die Lage dort ruhig, es wurden relativ wenige Aufgriffe verzeichnet.

Kaum noch Ankünfte in Spielfeld

Das Grenzmanagement am österreichisch-slowenischen Übergang in Spielfeld ist fertiggestellt, allerdings wird es derzeit kaum gebraucht. "Seit dem 6. März hat es keine Ankünfte von Flüchtlingen mehr gegeben", sagte Polizeisprecher Fritz Grundnig. Der Betrieb wurde heruntergefahren, im Moment sind kaum Beamte vor Ort. (red, APA, Reuters, 8.4.2016)