Recep Tayyip Erdogan

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Ankara/Athen/Brüssel – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat damit gedroht, das Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen zu lassen. Sein Land werde "das Abkommen nicht umsetzen", wenn die Europäische Union ihrerseits "ihre Zusagen nicht einhält", sagte Erdogan am Donnerstag in einer Rede in Ankara. Das Abkommen enthalte "präzise Bedingungen", auf deren Erfüllung sein Land bestehe.

Der türkische Präsident zeigte sich unzufrieden mit der bisherigen Umsetzung der Vereinbarung vom 18. März. "Es hat Versprechungen gegeben, aber bisher ist nichts herausgekommen", sagte er. Mit Blick auf die vielen syrischen Flüchtlinge in seinem Land sagte er: "Drei Millionen Menschen werden aus unserem Haushalt ernährt."

Dank reicht nicht

Für die Aufnahme der Flüchtlinge und den Kampf gegen den Terror habe die Türkei "viel Dank erhalten", sagte der Präsident – und fügte hinzu: "Für Dank allein machen wir das nicht." Nun müsse "alles so umgesetzt werden wie zugesagt", forderte Erdogan.

Erdogan kündigte an, bei Erreichen der vorläufigen Obergrenze von 72.000 Syrern, die die EU dem Abkommen zufolge von der Türkei übernimmt, würden "neue Planungen" gemacht. Der Präsident warnte seine Landsleute vor überzogenen Erwartungen. Das Abkommen werde "niemals bedeuten", dass alle rund drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei das Land verlassen würden. "Das sollte uns klar sein", sagt er.

Der Deal

Gemäß dem zwischen der Türkei und der Europäischen Union geschlossenen Abkommen sollen alle nach dem 20. März in Griechenland eingetroffenen Flüchtlinge abgeschoben werden, die kein Asyl in Griechenland beantragten oder deren Anträge abgelehnt wurden.

Die Flüchtlinge werden in Aufnahmezentren in der Türkei untergebracht. Die EU soll für jeden in die Türkei abgeschobenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalem Weg aufnehmen. Die Rückführungen hatten am Montag begonnen, wurden nun aber ausgesetzt, weil zunächst die überraschend vielen Asyl-Anträge überprüft werden müssten.

Im Gegenzug hat die EU der Türkei insgesamt Finanzzusagen in Höhe von sechs Milliarden Euro zugesagt; das Geld soll nach und nach in konkrete Projekte für die Flüchtlingshilfe fließen.

Nur wenige Ankünfte in Griechenland

Die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Türkei nach Griechenland kommen, bleibt indes niedrig. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden hätten nur noch 76 Migranten übergesetzt, teilte am Donnerstag der Stab für die Flüchtlingskrise in Athen mit.

Am Vortag waren 68 und am Tag davor 225 neue Asylsuchende vom türkischen Festland auf griechische Ägäis-Inseln übergesetzt. Am Montag waren erstmals im Rahmen des EU-Türkei-Flüchtlingspaktes 202 Personen von den griechischen Inseln Lesbos und Chios in die Türkei zurückgeschickt worden. (APA, 7.4.2016)