Wien – Wenn Ei- und Samenzellen entstehen, werden nicht nur die paarweise vorhandenen Chromosomen neu gemischt, sondern auch Stücke zwischen den entsprechenden Chromosomen-Paaren ausgetauscht. Kinder erben von ihren Eltern also ein Mosaik an Erbinformationen, das sich aus zerschnittenen und wieder zusammengeflickten Chromosomen-Teilen zusammensetzt.

Wiener Forscher haben nun mit gemeinsam mit einem internationalen Team einen für die Reparatur wichtigen Eiweißstoff identifiziert, der sicherstellt, dass das genetische Material intakt bleibt. Die Studie erschien im Fachmagazin "Plos Biology".

Sowohl für die korrekte Aufteilung als auch den Austausch ist es wichtig, dass Kreuzungspunkte ("Crossing-over") zwischen den Chromosomen gebildet werden. Dazu wird die DNA an mehreren Stellen aufgebrochen. "Solch ein 'Schaden' wird für gewöhnlich mithilfe der identischen Kopie der DNA, die in der Zelle vorliegt, repariert", erklärte Verena Jantsch von den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien. Diesen Prozess nennt man "homologe Rekombination".

Für ein korrektes Reparaturergebnis ist der sogenannte RTR-Komplex notwendig, der sich aus mehreren Eiweißstoffen zusammensetzt. Ist er schadhaft, etwa durch Mutationen, wird das Genom instabil und das Risiko für Krebs und Erbkrankheiten steigt.

Korrekte Positionierung

Am Fadenwurm C. elegans haben die Forscher nun gezeigt, dass einer dieser Eiweißstoffe namens RMI für die korrekte Positionierung der Kreuzungspunkte wichtig ist. "Normalerweise gibt es bei den Fadenwürmern auf jedem Chromosom genau je ein Crossing-over im ersten und letzten Drittel eines Chromosoms", so Jantsch. Zusätzliche Doppelstrangbrüche würden nebenher als "Non-Crossing-overs" repariert. Bei defektem RMI sind die Kreuzungspunkte ins Zentrum verschoben. Jantsch: "Wenn sie an ungünstigen Stellen sind, kommt es eher zu Fehlverteilungen der Chromosomen."

Auch die "Reifung" der homologen Rekombination wird demnach von RMI (mit-)gesteuert. "Es sieht so aus, also ob die DNA-Reparatur bei RMI Defekten ziemlich weit funktionieren würde, aber an einem der letzten Schritte scheitert", so Jantsch.

Weil Mutationen in RMI also zu unerwünschten Verbindungen zwischen Chromosomen und unvollständig reparierten DNA Brüchen führen, entstehen öfter Chromosomen-Anomalien in den Keimzellen, also Sperma- und Eizellen. Durch diese Arbeit habe man wichtige Einblicke in einen Prozesse erlangt, der sicherstellt, dass das genetische Material intakt bleibt und Erbkrankheiten und Krebsentstehung verhindert werden, so die Forscher. (APA, 7.4.2016)