Wien – Mit dem Start der heurigen Dividendensaison werden gewaltige Geldsummen in Bewegung gesetzt. Allein die Unternehmen aus den Vereinigten Staaten, Europa und Japan sollen laut der Fondsgesellschaft Fidelity insgesamt 1,24 Billionen US-Dollar, das entspricht etwa einem Drittel der Wirtschaftsleistung Deutschlands, an ihre Eigentümer ausschütten. Um daraus den größtmöglichen finanziellen Nutzen zu ziehen, greift es allerdings zu kurz, sich aus diversen Kurslisten oder Aktienportalen jene Gesellschaften mit den aktuell höchsten Ausschüttungsraten herauszufiltern.

"Allein auf die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite zu setzen erscheint mir der falsche Ansatz", gibt Adam Lessing, Österreich-Chef von Fidelity, zu bedenken. "Ab einer prognostizierten Dividendenrendite von mehr als fünf Prozent steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass die erwartete Dividende nicht erreicht wird." Denn bei solchen Angaben werde oft einfach die zuletzt bezahlte Dividende durch den aktuellen Kurs dividiert – fällt der Kurs seit der letzten Ausschüttung um die Hälfte, steigt die Dividendenrendite automatisch auf das Doppelte. Oft sind jedoch starke Kursrückgänge auf erwartete Ertragsprobleme der Unternehmen zurückzuführen. Investoren sollten daher laut Lessing vorausblickend agieren: "Was Anleger in Wahrheit interessiert, ist die Höhe der nächsten Dividende."

Delle oder längerer Trend

Daher sollten Investoren sowohl über das Unternehmen an sich als auch über dessen Dividendenpolitik gut Bescheid wissen. "Man sollte ein Unternehmen genug kennen, um erkennen zu können, ob ein Gewinnrückgang nur eine vorübergehende Delle darstellt, die ausgeglichen werden kann", erläutert Lessing. Es geht also darum, herauszufinden, ob der Gewinn aufgrund eines einmaligen Ereignisses zurückgeht oder ob das Unternehmen grundsätzlich in eine Phase sinkender Erträge gerutscht ist.

Hilfestellung kann dabei ein Blick auf die Dividendenentwicklung der vergangenen Jahre bieten. Als positiv gilt dabei, wenn sich die Ausschüttungen ohne Ausreißer nach unten konstant oder leicht steigend entwickeln. "Aber auch das kann sich ändern", gibt der Fidelity-Experte unter Verweis auf große US-Ölkonzerne zu bedenken. Diese hätten bis zu dem Ölpreissturz lange eine solide Dividendenentwicklung aufgewiesen, bevor auf dem neuen Preisniveau von Rohöl Kürzungen nötig geworden seien.

Die Alarmsirenen sollten bei Anlegern schrillen, wenn ein Unternehmen über mehrere Jahre die Ausschüttungen gar nicht verdient, sondern aus der Substanz bezahlt. Ansonsten gilt laut Lessing die Daumenregel, dass in defensiven und weniger konjunkturempfindlichen Branchen höhere Dividenden bezahlt werden – wenngleich zum Preis eines in der Regel geringeren Wachstums. (Alexander Hahn, 7.4.2016)