Mainz – Nach dem Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat die Mainzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es werde wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten geführt, teilte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller am Mittwoch mit und bestätigte damit einen Bericht von "Spiegel online".
Zuvor seien rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen. Böhmermann hatte das Gedicht mit Formulierungen, die unter die Gürtellinie zielen, in seiner TV-Sendung "Neo Magazin Royale" auf ZDF neo vorgetragen.
Auswärtiges Amt ließ prüfen
Dass sich Böhmermann mit seinem Schmähgedicht höchstwahrscheinlich strafbar gemacht hat, das berichtete zuvor bereits der deutsche "Tagesspiegel" unter Berufung auf eine juristische Prüfung, die das deutsche Auswärtige Amt (AA) einholen ließ.
Die Prüfung wurde laut dem Bericht vor dem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoğlu am Sonntag in Auftrag gegeben. Böhmermann hatte Erdoğan unter anderem als "Ziegenficker" bezeichnet.
Strafrahmen
Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden und, wenn die Beleidigung in verleumderischer Absicht erfolgt, sogar mit bis zu fünf Jahren, schreibt der "Tagesspiegel".
Ein Strafverfahren gegen Böhmermann würde allerdings nur in die Gänge kommen, wenn ein offizieller Antrag der türkischen Botschaft beim Auswärtigen Amt eingebracht wird. Das sei nach dem Telefonat Merkels mit Davutoğlu eher unwahrscheinlich, heißt es, aber nicht ganz ausgeschlossen.
Böhmermanns Schmähgedicht sorgte auch in der Türkei für Empörung. Am Samstag wurde das Auslandsstudio des ZDF mit faulen Eiern beworfen. Das ZDF hatte seinen Beitrag aus der ZDF-Mediathek und im Youtube-Kanal von "Neo Magazin Royale" entfernt. (red, APA, 6.4.2016)