Meechai Ruchupan, Vorsitzender des Komitees für einen Verfassungsentwurf, präsentierte vergangene Woche das neue Papier, über das im August abgestimmt wird.

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Wien/Bangkok – Die thailändische Militärregierung setzt ihre Macht immer härter durch. Vergangene Woche wurde Theerawan Charoensuk, eine Frau aus Nordthailand, aufgefordert, vor Gericht zu erscheinen. Sie hatte ein Foto auf Facebook gepostet, auf dem sie eine rote Plastikschüssel in der Hand hielt, die einen Neujahrsgruß des vertriebenen Oppositionspolitikers Thaksin Shinawatra zeigte. Thaksin war selbst bis 2006 Regierungschef, seine Anhänger bis 2014 an der Macht der konstitutionellen Monarchie Thailand, ihm werden etliche Korruptionsvergehen angelastet.

Theerawan Charoensuk wird nun vorgeworfen, mit der Schüssel Volksverhetzung zu betreiben, nun drohen ihr sieben Jahre Haft. Thailands Regierungschef, der pensionierte General Prayuth Chan-ocha, sagte, dass Theerawan die nationale Sicherheit gefährdet habe.

Das Militär hatte im Mai 2014 einen innenpolitischen Machtstreit zwischen den "Rothemden", also Thaksin-Anhängern, und den "Gelbhemden", Thaksin-Gegnern, für sich genutzt und in einem Putsch die Macht an sich gerissen. Das Militär versprach, nach der Sicherung der inneren Stabilität wieder ein demokratisches System zu implementieren. Diese Ankündigung hat die Regierung seither immer wieder erneuert – doch konkrete Schritte blieb sie bisher schuldig.

Die ersten Wahlen

Vergangene Woche stellte dann aber Meechai Ruchupan, der Vorsitzende des Komitees für einen Verfassungsentwurf (Constitution Drafting Commission), einen Entwurf für eine neue Verfassung vor. In den ersten Wahlen seit dem Putsch von 2014 werden alle Thailänderinnen und Thailänder im August 2016 aufgerufen sein, dem Papier in einem Referendum zuzustimmen oder es abzulehnen.

Diese Abstimmung wird aber von Menschenrechtsgruppen und Regierungsgegnern als problematisch wahrgenommen. Der Verfassungsentwurf führe nicht zurück zur Demokratie, im Gegenteil: Er würde dem Militär nur noch mehr Macht geben. Laut dem Entwurf soll ein Senat installiert werden, dessen 250 Mitglieder vom Militär berufen werden – sechs davon sind für ranghohe Militäroffiziere reserviert, einer für den Polizeichef. Bereits vor Veröffentlichung des Entwurfs wurde jede Kritik daran verboten. Premier Prayuth versprach zudem, 2017 wieder demokratische Wahlen abzuhalten.

Polizeibefugnisse für Soldaten

Zugleich erweiterte der Regierungschef allerdings per Befehl die Befugnisse des Militärs: Soldaten dürfen von nun an Verhaftungen wegen 27 Strafvergehen durchführen. Dazu zählen weit definierte Tatbestände wie Verbrechen gegen den öffentlichen Frieden, Verleumdung, Glücksspiel, aber auch Erpressung oder Menschenhandel. Soldaten sind außerdem befugt, Vermögen zu beschlagnahmen, finanzielle Transaktionen aufzuheben oder Reiseverbote durchzusetzen – alles zum Zwecke der öffentlichen Sicherheit, wie zumindest das Militär argumentiert.

Kritiker wie etwa Katina Adams, eine Sprecherin des US-Außenministeriums, bemängeln, dass die Kompetenzen der Zivilbehörden immer weiter untergraben würden. Sie sagte am Montag laut dem britischen "Guardian": "Wir drängen Thailands Regierung dazu, die Rolle des Militärs zu begrenzen und Zivilbehörden weiter ihren Pflichten nachgehen zu lassen." Das beinhalte auch die Anklage von Zivilisten vor Zivilgerichten.

Über Theerawan Charoensuks Foto mit der roten Schüssel etwa wird vor einem Militärgericht verhandelt. Der Direktor der Asien-Abteilung von Human Rights Watch, Brad Adams, sagte: "Anstatt die Rückkehr zur Demokratie zu ebnen, hat die Thai-Junta ihre Macht so weit ausgedehnt, dass sie alles machen kann, ohne bestraft zu werden." Pravit Rojanaphruk, ein Journalist, der direkt nach dem Coup 2014 eine Woche lang in Haft war, schreibt im "Guardian": "Thailand verwandelt sich in ein Junta-Land." (saw, 6.4.2016)