Thomas Rottenberg
Wien rennt
Die schönsten Laufstrecken der Stadt
Verlag Rittberger + Knapp 2016
177 Seiten, 14,80 Euro

Foto: Wild Urb

Der Läufer ist ein Gewohnheitstier: Er (oder sie) läuft fast immer dieselben Strecken. Dabei hätte die Stadt so viel anderes als Laufen auf dem grauen Asphalt zu bieten. Wer sich von der Euphorie des Wien-Marathons motiviert fühlt, könnte nun selbst mit dem Training beginnen. STANDARD-Laufguru Thomas Rottenberg hat für sein eben erschienenes Buch "Wien rennt" 16 Routen getestet.

Keine Frage: Wer in Wien läuft (und/oder Rottenbergs Laufblog liest), der kennt viele der Routen schon – zumindest theoretisch. Das gibt der Autor auch selbst unumwunden zu: "Niemand, der Ihnen eine Laufroute in Wien empfiehlt, hat diesen Weg erfunden", schreibt Rottenberg.

Geistervilla und Flirtversuche

Trotzdem ist es mehr als nur eine Streckenzusammenstellung. Das Buch lebt von den kleinen Anekdoten, netten Geschichten und Insider-Tipps zu den einzelnen Strecken. Hier fließt Rottenbergs Erfahrung als langjähriger Chronik-Redakteur ein. Wer kennt etwa den Geheimeingang in den Volksgarten? Warum eignet sich ein Lauf im Schlosspark von Schönbrunn so gut zum Flirten? Wo hat sich irgendwann einmal – vielleicht – eine Geistervilla befunden?

Laufen – das sollte Einfachheit, Freude und Zwanglosigkeit bedeuten, so das Mantra des Autors, wenn es um Sport geht. Das liest man gerne. Denn die Freude an der Bewegung kan einem als Hobbysportlern angesichts des selbst auferlegten Leistungsdrucks gerne mal abhanden kommen. Wem der Trainingsplan wichtiger ist als der Geburtstag des Kindes, für den ist das Buch nicht die richtige Wahl, stellt Rottenberg klar.

Laufen im eigenen Grätzel

Dem Wien-Marathon ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Auch den ewigen Lieblingsthemen der Läufer – das richtige Schuhwerk, die richtige Ausrüstung und die Sinnhaftigkeit einer teuren GPS-Uhr – wird viel Platz eingeräumt.

Selbst wenn man jetzt die – subjektiv – schönsten Laufrouten Wiens Schwarz auf Weiß am Nachttisch liegen hat: Manchmal zahlt es sich dann doch nicht aus, für einen kleinen Lauf nach Feierabend ans andere Ende der Stadt zu fahren. Manchmal darf auch einfach der Zufall die Route vorgeben, etwa in Form eines Links-Rechts-Spiels im eigenen Grätzel, bei dem die Farbe der Autos an Kreuzungen die Laufrichtung entscheidet.

Online abrufbar

Wer sich mit den Beschreibungen schwertut, der bekommt zu jedem Lauf eine Karte mitgeliefert, inklusive Informationen zur An- und Abreise mit Öffis und dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad. Auch andere Details, etwa ob es einen Badeplatz gibt und ob Hunde erlaubt sind oder Laufstrecken, an denen es keine Trinkquellen gibt, wurden recherchiert.

Wem Rottenbergs STANDARD-Laufblog gefällt, dem wird auch "Wien rennt" gefallen. Und auch wenn der Autor sich gegen die "theorie- und techniküberfrachteten Debatten" rund ums Laufen ausspricht: Die Routen sind auch über die "UrbMap-App" abrufbar. Notfalls kann also selbst inmitten vom Nirgendwo mittels Smartphone kontrolliert werden, ob man am richtigen Weg ist. Sofern man das überhaupt will. (Franziska Zoidl, 11.4.2016)