Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht dabei, aber sehr erwünscht: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Zustimmung zum dritten Milliardenkredit an Griechenland im Bundestag nur unter der Bedingung erhalten, dass der IWF und Chefin Christine Lagarde wieder einsteigen.

Foto: Reuters / Adrees Latif

Yiannis Roubatis gehört vielleicht jetzt zu jenen, die sich die Hände reiben. Der linke Chef des griechischen Geheimdienstes EYP und seine Mitarbeiter gelten als die denkbare Quelle des "leak", das nun das ohnehin schwache Vertrauen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern erschüttert hat. Eine Telefonschaltung zwischen einem Hotelzimmer im Athener Hotel Hilton und dem Hauptsitz des Internationalen Währungsfonds IWF in Washington ist abgehört und am vergangenen Samstag auf der Enthüllungsplattform Wikileaks verbreitet worden.

Poul Thomsen, der Europa-Verantwortliche des IWF, drängt in dem Gespräch mit der Griechenland-Vertreterin des IWF, Delia Velculescu, auf eine Verzögerung der Verhandlungen mit Athen. Die Transkribierung des Namens der rumänischen Unterhändlerin als "Velkouleskou" deutet auf eine griechische Hand hin.

Bei ihrer Rückkehr in Athen an diesem Montag wird sich die Geber-Quadriga von IWF, EZB, EU-Kommission und Eurorettungsschirm ESM auf einen frostigen Empfang einstellen müssen. Alexis Tsipras, der linke griechische Ministerpräsident, hatte noch am Samstag – nur Stunden nach Bekanntwerden der Wikileaks-Enthüllung – eine Krisensitzung seiner Regierung einberufen.

Willkommene Enthüllung

Auch ihm kommt die Enthüllung des kompromittierenden Telefongesprächs keinesfalls ungelegen. Tsipras drängt schon seit Monaten auf den Ausstieg des Währungsfonds aus dem Lager der Kreditgeber. Es wäre ein symbolischer Erfolg für seine linke Wählerschaft, die perplex verfolgt hatte, wie der einstige Sparkursgegner im August vergangenen Jahres den dritten Milliardenkredit samt Auflagen unterschrieben hatte.

Tsipras verlangt nun eine Klarstellung von IWF-Chefin Christine Lagarde. Er werde nicht zulassen, dass Thomsen "Europa in Stücke" reiße, so tönte der einstige linke Rebell. Denn Thomsens Äußerungen sind ein starkes Stück – für Athen ebenso wie für Berlin. Der Däne machte in dem abgehörten Telefonat klar, dass der IWF beim neuen Kreditprogramm für Griechenland auch Druck auf die deutsche Bundeskanzlerin ausüben würde: "Wir sagen: 'Sehen Sie, Frau Merkel, Sie stehen vor der Frage ... was teurer ist: Ohne den IWF weitermachen – würde der Bundestag akzeptieren, dass der IWF nicht an Bord ist? Oder die Schuldenerleichterung wählen, von der wir denken, dass Griechenland sie braucht, um uns an Bord zu halten?'"

Schuldenerleichterungen

Angela Merkel und die Unionsparteien sind bisher gegen weitere Schuldenerleichterungen oder gar einen neuerlichen Schnitt. Den wiederum würde die Links-rechts-Koalition von Tispras in Athen gern haben, allerdings ohne die sehr viel kategorischere Haltung der Währungsfonds-Vertreter bei Spar- und Reformmaßnahmen in Griechenland.

Dort dürfte die Staatsverschuldung in diesem Jahr nach einer Schätzung der EU-Kommission auf 185 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Keine tragfähige Schuldenrate, erklärte Thomsen unlängst erst wieder in einem Beitrag in seinem Blog. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich Griechenland allein durch weitere fiskalische Maßnahmen aus der Krise "herausspare".

Pensionskürzung gefordert

In dem abgehörten Gespräch vom 19. März gehen die IWF-Vertreter aber noch weiter. Es habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich die Griechen nur bewegten, wenn sie am Rand der Zahlungsunfähigkeit stünden, einem "Ereignis", wie Thomsen es in dem Gespräch nannte. Delia Velculescu, die Unterhändlerin in Athen, stimmte ihm zu. Die Frage sei nun, wie man wieder ein solches "Ereignis" herbeiführen könne, fuhr Thomsen fort. Für die griechischen Politiker ist das eine Kampfansage.

Dabei ist der IWF noch gar nicht wirklich an Bord. Am neuen 86-Milliarden-Kredit hat er sich bisher nicht beteiligt, eben weil es Differenzen mit den anderen Gebern in der Frage der Schuldenerleichterungen gibt. Jetzt drängt vor allem der IWF auf weitere Kürzungen bei den Pensionen. (Markus Bernath, 4.4.2016)