Anki Carlsson: "Es wird an einem Grundstein der Integration von Flüchtlingen gerüttelt."

Foto: Röda Korset

Stockholm/Berlin/Wien – Wie in Österreich, so auch in Schweden: Im Bestreben, die Zahl von Flüchtlingen zu verringern, sind in beiden Ländern Verschärfungen beim Familienzuzug für asyl- und subsidiär schutzberechtigte Personen geplant. In Deutschland gilt eine ähnliche Regelung bereits seit Mitte März.

Menschenrechtlich sei das fragwürdig und humanitär kontraproduktiv, meint dazu Anki Carlsson, Leiterin der Migrationsabteilung des schwedischen Roten Kreuzes (Röda Korset), im Standard-Gespräch. Denn so werde "an einem Grundstein der Integration von Flüchtlingen gerüttelt": Menschen, die ihre engsten Angehörigen aus Kriegs- und Krisengebieten nicht nachholen könnten, seien erfahrungsgemäß unfähig, sich im Fluchtland zu akklimatisieren.

35.369 Minderjährige

Das, so Carlsson, gelte insbesondere für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF). 2015 waren unter den 162.877 Asylantragstellern im 9,5-Millionen-Einwohnerland Schweden 35.369 alleinreisende unter 18-Jährige. Zum Vergleich: In Österreich ersuchten vergangenes Jahr 95.000 Flüchtlinge, darunter 8380 UMF, um Asyl.

Zwar soll die schwedische Regelung, im Unterschied zu den österreichischen Novellenplänen, in zwei Jahren wieder außer Kraft treten. Dennoch, so Carlsson: "Wir hoffen das Gesetz noch verhindern zu können." Für den Parlamentsbeschluss von Asyl auf Zeit und Verschärfungen beim Familiennachzug in Österreich gibt es noch keinen konkreten Termin. Möglicherweise wird die Novelle um die jüngst gefassten Pläne ergänzt, an den Grenzen Asylschnellverfahren samt möglicher Verweigerung der Asylantragsannahme einzuführen. (Irene Brickner, 4.4.2016)