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Es ist schon seltsam: Sämtliche Experten empfehlen den heimischen Banken, Bankomatgebühren einzuheben; der für Banken zuständige Nationalbank-Vizegouverneur Andreas Ittner macht daraus keinen Hehl, dass er solche Gebühren für notwendig hält. Manche Banken bereiten das Aus für Gratis-Abhebungen bereits rechtlich vor.

Aber wenn Banker gefragt werden, ob man auch in Österreich bald dafür zahlen muss, wenn man nicht bei seiner eigenen Bank den Bankomat verwendet, weisen sie dies entrüstet von sich. "Das ist in Österreich eine heilige Kuh und darum kein Thema", sagt etwa RBI-Chef Karl Sevelda.

Sevelda spricht es richtig aus: Die Banken fürchten sich davor, den Schritt zu unternehmen, der schon lange betriebswirtschaftlich angebracht war und heute dringend benötigt wird. Was das Gratis-Abheben die Banken kostet, ist nicht bekannt, aber die Beträge dürften beträchlich sein.

EU-Verordnung aus 2002

Schuld daran ist eine EU-Verordnung, die seit 2002 verlangt, dass Abhebungen im EU-Ausland nicht mehr kosten dürfen als im Inland. Da Österreichs Banken anders als Deutschland oder die meisten EU-Staaten zuhause von den meisten Kunden keine Bankomatgebühren einhoben, müssen sie dies EU-weit so handhaben.

In Österreich selbst sind die Abwicklungskosten relativ niedrig, aber bei jeder Abhebung im Ausland müssen die Banken selbst Gebühren an die Partnerinstitute entrichten. Wenn ein österreichischer Schüler auf Spanien-Urlaub jeden Tag zehn Euro von seinem Konto abhebt, dann wird das für seine Hausbank schon ziemlich teuer.

Deutsche nützen Gratis-Abhebungen aus

Und offenbar spricht sich die österreichische Gratis-Abhebung in der EU herum. So eröffnen auch Deutsche ein Konto bei einer heimischen Bank, nur damit sie überall in der EU günstig zu Bargeld kommen.

In Deutschland selbst haben sich zwar immer mehr Banken zu Verbünden zusammengeschlossen, innerhalb derer die Abhebung gratis ist. Aber weil das nicht für alle Institute gilt, kann die deutsche Sparkasse für Auslandsabhebungen mehrerer Euro verrechnen. Die österreichische darf das nicht.

Das ist für Bankkunden zwar sehr angenehm, aber für die Banken, die ohnehin bereits hohe Verluste im Privatkundengeschäft erleiden, ein echtes Problem.

Problem mit Kartellrecht

Und sie finden keinen Weg heraus. Denn wenn eine Bank vorprischt mit Bankomatgebühren, würde sie dafür von Konsumentenschützern angeprangert, in der Boulevardpresse geprügelt und von vielen Bankkunden, die sich über Jahrzehnte an die Gratis-Abhebung gewöhnt haben, verlassen werden.

Um den Schaden zu begrenzen, müssten andere Institute rasch nachziehen. Doch wenn das abgestimmt ist oder auch nur so aussieht, hätten die Banken sofort ein heftiges Kartellverfahren am Hals. Und für kleinere Banken oder Neulinge aus dem Ausland würde das die Chancen, den etablierten Instituten Kunden abzuwerben, weiter steigern.

Deshalb wollen Sevelda & Co. an dieses Thema nicht einmal anstreifen. Aber den Kopf in den Sand zu stecken ist auch keine Lösung.

Seit 14 Jahren kennen Banken das Problem

Denn die Banken sind sich des Problems seit 14 Jahren bewusst, und hätten Zeit gehabt, es unter besseren Bedingungen als den heutigen zu lösen. Sie sind an ihrer jetzigen Misere selbst schuld.

Vielleicht könnte die Nationalbank aktiv werden, indem sie Bankomatgebühren als Beitrag zur Stabilisierung der Profitabilität verlangt. Dann könnten alle Banken gleichzeitig handeln, ohne sich eines Wettbewerbsverstoßen schuldig zu machen.

Oder der große Sparkassensektor geht voran und bietet Kunden eine Entschädigung an. Dann könnten andere nach und nach folgen.

Kreative Lösungen gesucht

Entscheidend wird sein, dass man im Inland immer noch genügend Möglichkeiten hat, gratis bzw. sehr günstig abzuheben, ohne dass Gebühren für Auslandsabhebungen gegen das EU-Recht verstoßen. Das erfordert eine gewisse Kreativität.

Wahrscheinlich wird lange nichts geschehen – und das Problem für die Banken immer weiter anwachsen. Und eines Tages werden Bankomatgebühren doch kommen, so wie einst das anonyme Sparbuch und das Bankgeheimnis abgeschafft wurde – weil es nicht anders geht. (Eric Frey, 3.4.2016)