München/Wien – Der Bayerische Rundfunk (BR) exerziert vor, was beim ORF noch in Überlegung ist, und hat sich mit 1. April eine neue Struktur verpasst. Der neue BR-Fernsehchef und ehemalige ORF-Manager Reinhard Scolik wird in Zukunft in bestimmten Themenbereichen auch für Radio und Internet verantwortlich sein.

Medienübergreifend

"Künftig werden wir nicht mehr getrennt nach Radio, Fernsehen, Internet aufgestellt sein, sondern unsere Themen von Anfang an medienübergreifend planen und recherchieren und diese unserem Publikum auf allen Ausspielwegen anbieten", erklärte Scolik in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). "In meinem Bereich entstehen solche trimedialen Ressorts für Kultur, Unterhaltung und Heimat, Religion, Bildung und Wissenschaft. Das heißt, ich bin von heute, dem 1. April, an zuständig für Kultur und Heimat – auch im Radio. Der Volksmusik-Sender BR Heimat gehört dann beispielsweise zu mir", so Scolik.

"Der BR wird durch die geplanten Strukturreformen effizienter werden." Mittelfristig werde man dadurch mehr Inhalte mit weniger personellem Aufwand produzieren können. Zugleich soll das Programm des Bayerischen Rundfunks bayerischer und jünger werden, wie Scolik gegenüber der FAZ sagte. "Wenn wir den Gesamtaltersschnitt an sechzig Jahre heranrücken, dann haben wir es richtig gemacht. Aktuell liegen wir bei 66 Jahren." Mehr bayerische Identität im Programm bedeute aber keinen Rückzug aus der ARD. "Wir liefern qualitätsvolles Programm für alle Bereiche zu. Aber die Mittel sind knapper geworden, und der bayerische Markt ist unser Kernmarkt. Ziel innerhalb der ARD sind deshalb vermehrt Projekte, die wir auch in der Zweitverwertung in Bayern gut brauchen können."

Versuch auf Verzicht

Auf Entlassungen will der Fernsehchef, dessen Sender in den nächsten Jahren wegen der angespannten Finanzlage kräftig sparen muss, möglichst verzichten. "Ich glaube, dass man einen nötigen Stellenabbau mit einem vernünftigen Konzept, neuen Strukturen und Instrumenten wie Nichtwiederbesetzung von Stellen, Umschulung und Versetzung erreichen kann", erklärte Scolik der "Frankfurter Allgemeinen".

Keine weiteren Einsparungen soll es indes beim "Tatort" geben. "Man muss Formate, die gut gehen und Flaggschiffe sind, auch gut ausstatten. Erfolgsprodukte stark finanziell zu beschneiden hat keine Logik. So gesehen, muss sich keiner Sorgen machen, dass der "Tatort" noch kleiner geschrumpft wird." Überrascht hat Scolik an seinem neuen Arbeitsplatz die Zahl der Sitzungen: "Ich dachte nicht, dass man hier den ORF übertreffen kann." (APA, 1.4.2016)