Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon ist immer für aktionistische Auftritte gut. Hier bei einem Beitrag zur Flüchtlingspolitik der Regierung mit einem Bolzenschneider im November 2015 im Parlament in Wien.

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Die "Kronen Zeitung" empört sich über den "Stinkefinger" Reimons (siehe Artikel auf krone.at) und nimmt dafür Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen in die Pflicht.

Die "Kronen Zeitung" widmet sich in ihrer Freitagsausgabe prominent dem grünen EU-Abgeordneten Michel Reimon und titelt: "Grüne machen Präsidentenwahl zur Abstimmung über die 'Krone'". Reimon hatte in der Woche davor über Twitter verlautbart: "Meine strategische Wahlkampf-Metaerzählung lautet ja: Nur wer Van der Bellen wählt, kann der 'Kronen Zeitung' den Mittelfinger zeigen." Die "Krone" empört sich nun mit Verspätung über diese "obszöne Kampfparole". Zitiert wird auch Lothar Lockl, Van der Bellens Wahlkampfleiter: "Man akzeptiere Reimons Aussagen 'weder von der Diktion noch vom Stil her', heißt es.

Reimon sucht seit geraumer Zeit gezielt den Streit mit der "Kronen Zeitung", der er unterstellt, eine Kampagne gegen die Grünen und ihren Kandidaten Alexander Van der Bellen zu führen. Nun wurde er selbst Mittelpunkt der von ihm angesprochenen Kampagne, und er freut sich bereits über die viele Solidarität, die ihm aus den eigenen Reihen widerfahre.

Dem freitäglichen "Krone"-Artikel über die "abstoßende Stinkefinger-Strategie" war eine Auseinandersetzung Reimons mit einem Redakteur der Zeitung vorausgegangen. Der EU-Abgeordnete hatte auf Facebook einen Artikel aus der "Krone" geteilt, in dem die medizinische Notlage einer Frau mit der angeblich vorbildhaften medizinischen Versorgung von Flüchtlingen gegengerechnet wurde. Reimon schrieb dazu: "Ich bin kein Mediziner und kenne den Fall nicht, kann dazu also nichts sagen. Aber ich erkenne ein unjournalistisches Hetzblatt, wenn ich es sehe."

Boykottdrohung oder nicht?

Daraufhin erhielt Reimon ein Mail des mit ihm persönlich bekannten Redakteurs, der empört schrieb: "Aber vorkommen will Ihr Chef schon in der 'Krone', oder? Ersuche dringend um Aufklärung!" Reimon machte dieses Mail publik und schrieb dazu: "Wow, die 'Krone' droht mir mit Boycott." Ein weiterer Schlagabtausch folgte, in dem der "Krone"-Redakteur jedenfalls beteuerte, es gebe keinen Boykott, weder gegen Reimon noch gegen Van der Bellen selbst. Auch im jüngsten "Krone"-Artikel (eines anderen Redakteurs) wird beteuert, man wolle dem ehemaligen Grünen-Chef weiter mit Fairness begegnen – "demnächst etwa auch in einem großen Interview".

Dazu schrieb Reimon auf Facebook: "Also, die 'Krone' boykottiert mich nicht, nachdem ich ihren Drohversuch öffentlich gemacht habe, sondern macht mich zum Werkzeug gegen Sascha." Van der Bellen führe in allen Umfragen – "und man findet nichts gegen ihn". Reimon weiter: "Also, was tun, fragen sich die Experten bei 'Krone' und SPÖ. Sie haben nichts in der Hand, aber seit gestern einen Grant auf mich. Also: Sie nehmen einen alten Tweet, irgendeinen, und versuchen das zum Dreckbatzen gegen Sascha zu machen. Und natürlich auch noch Eva mit reinzunehmen, damit der Streueffekt der Jauche möglichst groß ist. So arbeitet die SPÖ, so arbeitet die 'Krone'."

Van der Bellens Wahlkampfmanager Lockl betont im Gespräch mit dem STANDARD, wie wichtig ihnen das Miteinander und das Gemeinsame seien, "da ist auch der Stil wichtig". Van der Bellen wolle eine "Stimme der Vernunft und der Ausgewogenheit" sein. Er selbst wolle nicht das Verhalten einzelner Abgeordneter kommentieren, den Stil und die Diktion der Aussagen Reimons könne er aber nicht akzeptieren. (Michael Völker, 1.4.2016)