Wien – Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) distanziert sich von der Flüchtlingspolitik der Regierung. Er lehnt die Berufung auf einen "Notstand" ab, mit dem die Koalition eine Verschärfung der Asylgesetze argumentieren will. Denn immerhin bringe rund ein Drittel der Gemeinden bis heute keinen einzigen Asylwerber unter, und es hielten bei weitem nicht alle Länder ihre Vorgaben ein.
"Daraus einen Notstand zu konstruieren halte ich für verwegen", sagte Häupl in der ORF-Sendung "Wien heute" am Donnerstag. Er spricht sich auch klar gegen Einschränkungen der Mindestsicherung für Flüchtlinge aus. Dies wären verfassungswidrig und politisch falsch, weil sie die Obdachlosigkeit befeuern würde, so Häupl.
Keine Kritik an Regierung
Das Büro von Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat am Freitag klar gestellt, dass der Stadtchef mit seinen Aussagen keine Kritik an der Regierung üben habe wollen. Vielmehr hält es der Bürgermeister für vernünftig, sich jetzt schon auf alle Eventualitäten vorzubereiten, um im Bedarfsfall rasch reagieren zu können. Noch erkennt Häupl allerdings keinen Notstand.
Grundsätzlich betone der Bürgermeister, dass es ihm jedenfalls um die Einhaltung der Verfassung gehe. Dies sei auch bei der Mindestsicherung so, wo sich Häupl durch das jüngst vorgelegte Gutachten von Robert Rebhahn darin bestätigt fühlt, dass keine Schlechterstellung für Flüchtlinge möglich ist.
Auch Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) war es ein Anliegen, mögliche Differenzen zwischen Regierung und Häupl auszuräumen. Eine zahlenmäßig definierte gesetzliche Obergrenze an Asylanträgen wäre verfassungs- und völkerrechtswidrig, entsprechende Maßnahmen zur Begrenzung der Asylverfahren aber richtig, um eine hochwertige Versorgung dauerhaft zu ermöglichen.
Es gehe darum, dass Österreich die Möglichkeiten in der Hand hat, um auf bestimmte Situationen und im Bedarfsfall reagieren zu können, wenn sich Fluchtrouten verändern beziehungsweise die Zahl der illegal in Österreich ankommenden Personen wieder massiv ansteigen sollte. Dass der Wiener Bürgermeister heute angekündigt habe, die geplanten Maßnahmen mitzutragen, sei "ein wichtiges Signal ", so Ostermayer in einer Aussendung.
Noch vor der Klarstellung des Bürgermeisters hatte sich Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel auf den Stadtchef eingeschossen und in einer Aussendung gemeint, Häupl solle seine Parteikollegen auf Bundesebene endlich mit voller Kraft unterstützen, statt deren Arbeit zu torpedieren. Der "Blindflug der Sozialromantik" müsse vorbei sein. (APA, 1.4.2016)