Der 40-Jährige, der das Euthanasie-Mahnmal zerstört haben soll, musste in den Gerichtssaal getragen werden.

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Björn Erik W. musste am Donnerstag von drei Polizisten mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtsaal getragen werden. Der 40-Jährige wollte zuvor überhaupt nicht bekleidet vor den Geschworenen erscheinen. Er kündigte an, aus Protest nackt oder nur mit einer Unterhose bekleidet an der Verhandlung teilnehmen zu wollen. Deshalb verzögerte sich der Prozess um die Zerstörung des Euthanasie-Mahnmals in Salzburg und 52 weitere nationalsozialistisch motivierte Sachbeschädigungen.

Nachdem Björn Erik W. den zur Verfügung gestellten Anzug zerstört hatte, konnten ihn die Justizwachbeamten schlussendlich doch überreden, wenigstens einen Jogginganzug anzuziehen. Staatsanwalt Marcus Neher wirft ihm nationalsozialistische Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz, Paragraf 3f vor. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Denkmäler für NS-Opfer geschändet

Zwischen Juni 2013 und Juni 2015 soll der in Deutschland geborene österreichische Staatsbürger 53 nationalsozialistisch motivierte Sachbeschädigungen begangen haben. Darunter soll er fünfmal das Widerstandsdenkmal auf dem Kommunalfriedhof mit Namen bekannter Rechtsextremer oder Nationalsozialisten beschmiert haben, NS-Parolen auf Parteizentralen, das Integrationshaus, die Caritas und Schulen gesprayt haben, zehn Stolpersteine unkenntlich gemacht haben und mehrere Plakate der Aktion #88gegenrechts ruiniert haben. Gegipfelt ist die Zerstörungswut am 13. Mai 2014, als er das an die Opfer des Nationalsozialismus erinnernde Euthanasie-Mahnmal im Salzburger Kurgarten demolierte.

Der Paragraf 3f sei erfüllt, wenn durch Zusammenzählen der Sachbeschädigungen ein Schaden zusammenkomme, der 5.000 Euro übersteige, erklärte Neher den Geschworenen und betonte den Handlungskomplex. Bei seinen bisherigen Vernehmungen hatte sich der Angeklagte widersprüchlich verantwortet. Zunächst gestand er alle Taten ein, er habe sogar von sich aus aufgezählt, für was er alles verantwortlich sei, sagte der Staatsanwalt. Nur merkte er an, die Sachbeschädigungen seien nicht NS-motiviert. Dann habe er behauptet, die Taten seien ihm untergeschoben worden, er habe gestanden, um Gesinnungsgenossen zu schützen.

Verweigerte zunächst Verteidiger

Seinen Pflichtverteidiger Jörg Dostal verweigerte der Angeklagte zunächst. Nach dem Eröffnungsplädoyer von Staatsanwalt Neher und einer Belehrung durch Richterin Bettina Maxones-Kurkowski ließ er diesen dann doch in seinem Namen sprechen. Dostal erinnerte die Geschworenen, dass es sich um ein Delikt mit einer massiven Strafdrohung wie bei einem Mord handle. Deshalb sei in der Verhandlung jedes Faktum genau zu untersuchen.

Nach Meinung seines Mandanten sei das Verbotsgesetz an sich nicht gültig, da dieses aus dem Jahr 1947 stamme und Österreich erst seit 1955 ein freies Land sei. Dass der Angeklagte das kritisch hinterfrage, solle ihm nicht erschwerend angelastet werden, sagte Dostal. Die Zerstörung des Denkmals sei ein "Frustationsakt" gewesen. Der Angeklagte sei obdachlos gewesen und auch von Einrichtungen der Caritas abgewiesen worden. Er habe Hilfe gebraucht, die habe er nicht bekommen. Die Sachbeschädigungen seien ein "großer Hilfeschrei" gewesen, sagte Dostal. Bei der Befragung erklärte der Angeklagte, ihm sei in der Odachloseneinrichtung der Caritas Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen worden, daraufhin wurde er rausgeschmissen.

Fühlte sich um seine deutsche Herkunft betrogen

Bei der Einvernahme durch die Richterin ging es zunächst um die Vorgeschichte des Angeklagten. Ebenso darum, warum er seinen Vornamen geändert habe. Denn bis Björn Erik 26 Jahre alt war, hieß er noch Erkan. Das habe mit seinem türkischen Vater zu tun, erklärte der Angeklagte. "Er hat mich um meine deutsche Herkunft betrogen." Der Angeklagte machte die Hauptschule und die dort zur Schule gehenden Ausländer für seine spätere Gesinnung verantwortlich. Er wäre lieber auf ein Gymnasium gegangen. "Als meine Karriere als Sozialhilfeempfänger begann, begann auch meine Gesinnung."

Der Prozess wird am Freitag und nächste Woche fortgesetzt. (Stefanie Ruep, 31.3.2016)