Wurde für Transitquartiere gespendet und dafür Essen gekauft, zahlt der Bund nicht.

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Wien – Die Aufregung um den Abzug privater Spenden an Hilfsorganisationen durch den Staat hat sich gelegt. Am Mittwoch einigten sich NGOs mit Vertretern von Innen- und Finanzministerium darauf, dass nur Spenden, die explizit für Transitflüchtlinge vorgesehen sind, mit Fördergeldern des Bundes gegengerechnet werden. Hilfsorganisationen hatten Alarm geschlagen, dass auch allgemeine Spenden für die Flüchtlingshilfe vom Bund abgezogen werden könnten. So konnte ein Brief ausgelegt werden, den das Innenministerium Mitte Februar an NGOs verschickt hatte.

"Dieses Missverständnis wurde geklärt", sagte Bundesrettungskommandant Gerry Foitik vom Roten Kreuz nach dem Gipfel dem STANDARD. Ähnliche Worte fielen auch seitens anderer NGOs, darunter Caritas, Arbeiter-Samariter-Bund und Volkshilfe. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte die Einigung und teilte mit, es sei von Anfang an so geplant gewesen, nur Spenden für Transitflüchtlinge abzuziehen.

Für Foitik war schon bisher klar, dass zweckgewidmete Geld-, Zeit- oder Sachspenden für Transitflüchtlinge nicht noch einmal verrechnet würden. Bei den NGOs schien in diesem Punkt Einigkeit zu herrschen. Damit geht es um relativ geringe Summen: "Wenige Zehntausend Euro" seien dem Roten Kreuz explizit für Transitflüchtlinge gespendet worden. Seitens der Caritas waren es österreichweit 15.000 Euro.

"Dort, wo die Politik scheitert"

Geldspenden für allgemeine Flüchtlingshilfe würden für Leistungen verwendet, die der Bund nicht bestellt habe: etwa Projekte im Libanon, ergänzte Foitik, und im Inland vor allem zur Integrationshilfe, etwa für Deutschkurse. "Also dort, wo die Politik bisher scheitert", sagte Foitik. "Die Leute haben aus guten Gründen für Hilfsorganisationen gespendet und nicht für das Innenministerium."

Foitik bleibt nach der Einigung mit dem Bund skeptisch. "Wenn der Staat auf allgemeine private Spenden schielt, werden wir uns wehren", sagte er. "Die Zivilgesellschaft muss die Spendenhoheit haben, das darf vom Innenministerium nicht konterkariert werden." Vorgänge wie 2002, als das Land Oberösterreich – und damit die öffentliche Hand – bei der Hochwasserkatastrophe Spendenkonten eingerichtet habe, dürften laut Foitik nicht sein.

Sonderrichtlinie wird bis Ende 2016 verlängert

Vereinbart wurde bei dem Treffen auch, dass die Sonderrichtlinie des Bundes für die Förderverträge mit den NGOs bis Ende 2016 verlängert, aber novelliert wird. Die laufende Vereinbarung läuft heute, Donnerstag, aus. Die Neue soll dann rückwirkend ab 1. April gelten. Kommenden Donnerstag soll bei einem weiteren Treffen der Entwurf des Innenministeriums besprochen und präzisiert werden. Nach Informationen des STANDARD soll von einer monatlichen Abrechnung auf eine dreimonatige Periode umgestellt werden. Das erlaube den NGOs mehr Planungssicherheit, heißt es aus dem Ministerium.

Bis Ende 2015 rund 40 Millionen Euro geflossen

Mit Förderauszahlungen für Jänner und Februar ist der Bund säumig. Das Geld für Jänner soll laut Innenressort "in den nächsten Tagen" folgen. Für die beiden Monate würden je fünf Millionen Euro ausgeschüttet. Zwischen September und Ende Dezember 2015 waren für die Unterbringung und Versorgung der Transitflüchtlinge – also für ausgelagerte staatliche Aufgaben – insgesamt 40 Millionen Euro an NGOs geflossen. Im Innenministerium rechnet man damit, dass die Zahlungen mit der Schließung der Balkan-Route nun "deutlich weniger" würden.

Dass die Betreuung der Flüchtlinge für den Bund überhaupt über Förderverträge abgerechnet wird, sehen mehrere NGO-Vertreter kritisch und fordern ein Sondergesetz, über das ab 2017 Leistungen von NGOs in Ausnahmesituationen abgerechnet werden könnten. "Es wäre hoch an der Zeit dafür", sagt Reinhard Hundsmüller vom Arbeiter-Samariter-Bund. Künftig müsse es, so meint Bernd Wachter von der Caritas Österreich, folgendermaßen sein: "Ich bestelle eine Leistung bei den NGOs, und die wird auch verrechnet." Das sei wegen des Vergaberechts nicht möglich, weshalb der Umweg über die Förderrichtlinie genommen werde. Ein Sondergesetz könne bei großen Krisen, etwa auch einem "Riesenhochwasser" , zur Anwendung kommen.

Förderverträge als Behelf

Im Innenministerium gibt man zu, dass der "Fördervertrag sicher nicht das geeignete Instrument" sei, anders könne man es aber "im geltenden Bundeshaushaltsrecht nicht machen". Eine Ausschreibung sei im Krisenfall nicht praktikabel. Im Ministerium denke man aber seit Herbst "intensiv darüber nach", was besser wäre.

Im ebenfalls VP-regierten Finanzministerium, mit dem das Innenressort in Sachen Flüchtlingsgelder schon seine Differenzen hatte, sieht man die Lage anders. Es würden derzeit "keine weiteren gesetzlichen Maßnahmen erörtert", heißt es dort und verweist auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes, "das das Vorgehen des Bundes rund um das Thema Förderungen/Flüchtlinge deckt". (David Krutzler, Gudrun Springer, 31.3.2016)