"Füttere mich!" Füttere mich!" Auch bei jungen Kohlmeisen geht es im Nest nur um das eine: Fressen. Dafür sind sogar die Mäuler mit Signalfarben ausgestattet. Doch nicht bei allen Vogelarten wirkt das Betteln gleichermaßen.

Foto: Camilla Hinde

Oxford/Wien – Es geht ums nackte Überleben, und deshalb wird mit allen Mitteln gearbeitet: Die Münder der Küken sind nach oben gereckt, sperrangelweit offen und mit Signalfarben ausgestattet. Dazu kommt möglichst lautes Geschrei: "Füttere mich!"

Nach welchen Kriterien entscheiden Vogeleltern aber, welche ihrer Küken im Nest das herbeigeschaffte Futter erhalten? Sind es jene Jungvögel, die am lautesten betteln, weil sie am meisten Hunger haben? Oder bekommen doch die stärksten das Maul gestopft?

Diesen Fragen sind Ornithologen um Stuart Hall (Uni Oxford) in einer Metaanalyse nachgegangen, für die sie mehr als 300 Studien zum Fütterungsverhalten von insgesamt 143 Vogelarten analysierten. Das Problem dabei: Die Spezies unterscheiden sich im Fütterungsverhalten deutlich.

Bei einem Viertel der Vogelarten ignorieren die Eltern das Betteln der Jungvögel völlig, manche Vogelarten (etwa Blaufußtölpel) füttern die größten Küken, die am wenigsten betteln. Diese Befunde irritieren Verhaltensbiologen, denn sie untergraben die Vorstellung eines einheitlichen Kommunikationssystems zwischen Eltern- und Jungtieren.

Umweltfaktoren geben den Ausschlag

Hall und Kollegen fanden nun aber wichtige Umweltfaktoren, die das Fütterungsverhalten beeinflussen und bestimmte Unterschiede erklären können. Wie die Forscher im Fachblatt "Nature Communications" schreiben, betteln schwächere Jungvögel unter günstigen Umweltbedingungen mehr, was auch tatsächlich dazu führt, dass Elternvögel sich in besonderem Maße um sie kümmern.

Sind die Umweltbedingungen jedoch hart oder unvorhersehbar, dann ignorieren die Elterntiere das Betteln und orientieren sich mehr danach, welche Küken am stärksten sind und auch die größten Überlebenschancen haben. Das Resümee der Forscher: Ökologische Variation kann zu unterschiedlichen Kommunikationssystemen führen, die sich dann für die jeweilige Art stabilisieren. (Klaus Taschwer, 30.3.2016)