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Werner Faymann (SPÖ) übt Kritik an der Flüchtlingspolitik seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel (CDU).

Foto: reuters/HANNIBAL HANSCHKE

Wien/Berlin – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) übt Kritik an der Flüchtlingspolitik seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel (CDU): "Wenn ein oder zwei Millionen Menschen durch Österreich wollen, kann Deutschland durch seine Grenzabwicklung relativ einfach einen Rückstau bei uns bewirken. Wir würden zur Pufferzone", sagt Faymann zur "Presse am Sonntag". Das sei "unfair". Österreich könne Schaden nehmen.

"Ich habe ein persönlich gutes Verhältnis zu ihr. Aber ein politisch sehr gespanntes", erklärte der Regierungschef. Seine Kritik an Merkel untermauerte Faymann folgendermaßen: "Diesen Vorteil, den Angela Merkel hat, uns als Pufferzone zu verwenden, so auszuspielen, dass man die Magnetwirkung aufrecht erhält, ist europäisch ein Fehler, weil es die Balkanländer und andere – etwa Italien als Ausweichroute – unter Druck setzt."

"Ausgesprochen unfair"

"Und es ist uns gegenüber ausgesprochen unfair", so der SPÖ-Politiker weiter, "Merkels Politik kann dazu führen, dass Österreich Schaden nimmt. Wir wollen aber nicht die Pufferzone für Deutschland sein. Diese politische Deutlichkeit kann man uns ruhig übel nehmen – da bleiben wir konsequent."

Von Deutschlands Regierungschefin würde er sich wünschen, "dass sie klar sagt, dass Menschen nicht versuchen sollen, an diversen Grenzen durchzubrechen und illegale Routen zu nutzen. Dass sie sagt, wie viele sie nehmen will – durch legale Einreise. Wobei man auch das Versagen der EU-Kommission beklagen muss: Man beschließt Schengen und verabsäumt den Außengrenzenschutz. Ein Funktionieren von Frontex hätte es längst geben sollen. Ich glaube, wir werden da eine Zwischenlösung brauchen: Ein paar Länder, die das übernehmen. Österreich würde im Rahmen einer EU-Mission sofort Soldaten bereitstellen."

"Wir waren keine Wegdrücker"

Durch Österreich seien 2015 "eine Million Menschen gegangen", argumentierte Faymann, "wir waren keine Wegdrücker, haben 90.000 Menschen im Vorjahr aufgenommen und nehmen für die nächsten vier Jahre noch einmal 1,5 Prozent gemessen an der Bevölkerung." Es habe sich aber herausgestellt, dass eine angestrebte europäische Lösung "so nicht funktioniert".

Bezüglich des von der EU ausgehandelten Deals mit der Türkei sagte Faymann: "Die Türkei-Kritiker, zu denen ich mich in bestimmten Fragen ja auch zähle – Meinungsfreiheit, Kurden – sagen jetzt: Und auf so einen Nachbarn verlasst ihr euch? Ja, weil man gemeinsam mit ihm besser Rückführungen organisieren kann als ohne. Weil die Türkei jene, die illegal kommen, zurücknimmt." (APA, 26.3.2016)