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Satellitengestützte terrestrische Messungen zeigen, dass die Ostflanke von Europas aktivstem Vulkan langsam Richtung Meer rutscht. Nun sollen unterseeische Messstationen zeigen, ob sich diese Bewegung auch unter Wasser fortsetzt.

Foto: APA/ EPA/NASA EARTH OBSERVATORY

Kiel – Die Ostflanke des Ätnas rutscht langsam Richtung Meer. Das zumindest zeigen Messungen an Land, die sich auf Satellitennavigation stützen. Bisher beschränken sich diese Untersuchungen allerdings auf den an Land gelegenen Teil des Vulkans. Jener Teil des Feuerbergs, der sich weit in das Ionische Meer fortsetzt, wurde lange Zeit nicht berücksichtigt. Nun installieren deutsche Meeresforscher ein neuartiges Vermessungsnetz vor der Küste Siziliens, um durch entsprechende Unterwasser-Messungen diese Lücke zu schließen. Die neu gewonnenen Daten sollen zeigen, ob den Küsten des Mittelmeeres ein gefährlicher Tsunami droht.

Alleine sieben Ausbrüche seit der Jahrtausendwende – der Ätna auf Sizilien wird seinem Ruf als aktivster Vulkan Europas gerecht. Lavaströme zerstören immer wieder Häuser, Straßen und andere Infrastruktur in der näheren Umgebung. Da die Küstenregion am Fuß des Ätnas mit der zweitgrößten Stadt der Insel Catania etwa eine Millionen Einwohner hat und zu den wichtigsten Industriezentren Süditaliens gehört, überwachen Wissenschafter und Behörden den Vulkan sehr intensiv. An Land kommen dabei zum Beispiel Stationen zum Einsatz, die jede Bewegung des Berges mit Hilfe von Satellitennavigation genau registrieren.

Mit Schall den Meeresboden erforschen

Kieler Meeresforscher werden jetzt diese Messnetze vor der Küste Siziliens unter Wasser erweitern. Dabei kommen neuartige Systeme zum Einsatz, die in ähnlicher Form seit einigen Monaten auch in den erdbebengefährdeten Regionen vor Istanbul und vor Nordchile am Meeresboden installiert sind. "Signale von Navigationssatelliten dringen nicht ins Wasser ein. Bisher war es daher schwierig, Bewegungen und Verformungen des Bodens unter Wasser zu messen. Wir nutzen jetzt eine schallbasierte Variante, die ganz neue Wege für die Erforschung von Naturgefahren im Meer eröffnet", erklärt die Projektleiterin Morelia Urlaub vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Während der Expedition POS496 des Kieler Forschungsschiffes POSEIDON legen die Forscherinnern und Forscher insgesamt sechs dieser Geodäsie-Stationen in Wassertiefen um 700 Meter vor der Ostküste Siziliens aus. Von den Messstationen an Land ist bekannt, dass diese Flanke des Vulkans instabil ist und sich Richtung Meer bewegt. "Bisher weiß aber niemand, ob und wie sich diese Bewegung unter Wasser auswirkt. Das wollen wir ermitteln", sagt Urlaub. Die sechs Geodäsie-Geräte messen per Schall den Abstand zueinander auf Bruchteile von Zentimetern genau. Drei Boden-Neigungsmesser und sechs klassische Ozeanbodenseismometer, die auch kleinste Schwingungen im Untergrund erkennen können, vervollständigen das Messnetz.

Gefahr für die Mittelmeerküsten

Gerade die Bewegung der Vulkanflanken stellt neben den eigentlichen Eruptionen eine potenzielle Gefahrenquelle für die gesamte Region dar. Eine schnelle Hangrutschung unter Wasser kann einen Tsunami auslösen. Er würde rund um das Mittelmeer auf dicht besiedelte Küsten treffen, die in den Sommermonaten zusätzlich von Millionen von Touristen frequentiert werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Tsunami im Mittelmeer für zahlreiche Opfer sorgt. Ein Erdbeben in der Straße von Messina hat 1908 eine Flutwelle ausgelöst, die etwa zweitausend Menschen getötet hat. (red, 26.3.2016)