Weißschwanz-Präriehunde (Cynomys leucurus) haben es auf die wesentlich kleineren Wyoming-Ziesel (Urocitellus elegans) abgesehen, sobald diese in ihr Territorium eindringen.

Foto: John Hoogland

College Park – Nordamerikanische Präriehunde sind Nagetiere, die eine ähnliche ökologische Nische besetzen wie afrikanische Erdmännchen, eine Mangustenart. Im Unterschied zu diesen ernährt sich die Erdhörnchen-Spezies allerdings rein pflanzlich, und zwar hauptsächlich von Gras. Ansonsten gibt es aber zahlreiche Parallelen: Beide sind Erdhöhlenbewohner, leben in großen, gut organisierten Gruppen, teilen sich die Arbeit untereinander auf und werden im Allgemeinen als harmlose, putzige Gesellen angesehen.

US-Biologen präsentierten nun allerdings Beobachtungen, die so gar nicht zu dem Image vom niedlichen, sozialen Nager passen wollen: Im Umgang mit Nahrungskonkurrenten erweisen sie sich nämlich als regelrechte "Killer".

Die Wissenschafter um John Hoogland von der University of Maryland haben sechs Jahre lang eine Kolonie von Weißschwanz-Präriehunde (Cynomys leucurus) in der Arapaho National Wildlife Refuge in Colorado genauer untersucht. In der Nachbarschaft der etwa 30 Zentimeter großen Erdhöhlenbewohner lebte die Kolonie einer anderen Erdhörnchenart: Die Wyoming-Ziesel (Urocitellus elegans) sind nur etwa halb so groß, ihre Lebens- und Ernährungsweise gleicht ansonsten aber jener der Präriehunde – was sie zu direkten Konkurrenten macht.

Jagd auf kleinere Verwandte

Bislang gab es keine Anzeichen dafür, dass die beiden Spezies nicht trotzdem in mehr oder weniger friedlicher Koexistenz nebeneinanderher leben – ein Irrtum, wie die Hoogland und seine Kollegen überrascht feststellen mussten. Tatsächlich machten die Präriehunde richtiggehend Jagd auf die Ziesel, sobald sich einer in der Nähe ihres Territoriums blicken ließ. Gelang es einem Präriehund, einen Ziesel zu erwischen, dann biss er ihn so lange in Brust, Kopf oder Hals, bis er tot war. Die Mehrzahl der Opfer waren junge Ziesel, als "Täterinnen" erwiesen sich zum überwiegenden Großteil säugende Weibchen. Insgesamt 163 Fälle von gezielten Tötungen haben die Wissenschafter während der Beobachtungsdauer gezählt.

Ein solches Verhalten war unter pflanzenfressenden Säugetieren bisher unbekannt. "Zwischenartliche Tötung kannte man eigentlich nur von Raubtieren", meint Hoogland. Als Ursache für die aggressive Haltung der Präriehunde gegenüber Ziesel vermuteten die Forscher vor allem den Kampf um das Futter. Weniger Ziesel bedeutet mehr Gras für die Präriehunde und ihre Nachkommen. Eine genauerer Blick auf die "Killerinnen" bestätigte dies: Jene Weibchen, die sich bei der Jagd auf Ziesel besonders hervor getan haben, hatten im Schnitt mehr Nachkommen.

Vorteile einer aggressiven Nachbarschaft

Warum aber suchten sich die Ziesel keine Wohngegend ohne gefährliche Nachbarschaft? Anscheinend, so die Wissenschafter, nutzen die kleineren Nager die Aufmerksamkeit der Präriehunde gegenüber Fressfeinden. Sobald diese Alarm schlagen, verschwinden auch die Ziesel, die selbst keine Wachen aufstellen, in ihren Bauen. Das scheint den gelegentlichen Verlust durch Präriehund-Angriffe mehr als aufzuwiegen. (red, 26.3.2016)