Bild nicht mehr verfügbar.

Rudi Dutschke, Studentenführer und Mythos der 68er-Bewegung.

Foto: AP/Anonymous

Stefanie Pilzweger: "Männlichkeit zwischen Gefühl und Revolution. Eine Emotionsgeschichte der bundesdeutschen 68er-Bewegung", erschienen im Transcript-Verlag.

Foto: Verlag

Anhand von neun politischen Themenbereichen, die für die 68er wichtig waren, identifiziert die Autorin unter Heranziehung von zeitgenössischen Quellen und Dokumenten Gefühle, die dabei eine Rolle spielten. So waren die politischen Utopien der 68er verknüpft mit Optimismus, Sensibilität und Omnipotenz, ihr Aufruf nach Solidarität (mit der "Dritten Welt", mit "der Arbeiterklasse") war Ausdruck von Zusammengehörigkeitsgefühl und einer Sehnsucht nach Gemeinschaft. Die "Sprache des Protests", also dieser spezielle Jargon und Rededuktus der "Alt-68er", ging einher mit Ermächtigung und Einschüchterung (speziell auch von Frauen). Ein weiteres Kapitel widmet sich der Provokation durch Kleidercodes und Frisuren, durch Protestinszenierungen, bei denen die Gefühle Angst, Spaß und Stolz im Spiel waren.

Wenig überraschende Gedanken

Ein weiteres, stark emotionsbeladenes Feld waren die Generationenkonflikte mit den Vätern, in denen Misstrauen, Schweigen, Scham und Paranoia vorherrschten und wo die Söhne gegen die väterliche Gewalt ihre eigene "moralische Überlegenheit" setzten. Weitere Kapitel behandeln das damalige Interesse an der Psychoanalyse (rationaler Funktionär versus sensibler Mann), die Sexualität (Ende der romantischen Liebe, Geschlechterverhältnisse, Verklemmtheit und Eifersucht) und die Gewalt (Ablehnung von Militär bei gleichzeitiger Faszination an revolutionärer "Gegengewalt" und Straßenkampf, Angst und Opfersein, Wut und Hass). Den Abschluss bildet ein Kapitel über das Scheitern (Erschöpfung, Enttäuschung, Entsolidarisierung, Depression und Melancholie).

Das Buch enthielt für mich eigentlich wenig überraschende Gedanken, es ist aber nett, das einmal am Stück zusammengestellt und mit Dokumenten und Zitaten belegt zu haben. Ein bisschen hat mich diese Lektüre versöhnlich gestimmt mit den "Altlinken Männern". Es waren halt doch auch nur Menschen. (Antje Schrupp, 25.3.2016)