Es war ein kurzes Gastspiel an der Börse. Was sich mit dem schleppenden Schritt aufs Parkett im vergangenen November bereits angekündigt hat, ist nun Realität. Der Modehersteller und Adler-Großaktionär Steilmann ist pleite. Der Vorstand sei nach umfassender Prüfung zu der Überzeugung gelangt, "dass im Zuge des aktuellen Geschäftsverlaufs die Steilmann SE zahlungsunfähig ist", teilte die Firma am Mittwochabend mit. Bis dahin erfolgversprechende Sanierungsverhandlungen hätten nicht zum Ziel geführt. Der Vorstand werde daher "unverzüglich den Insolvenzantrag stellen".

Knapp 100 Millionen Euro Einnahmen hatte sich Steilmann durch den Börsengang erwartet, geworden sind es schließlich nur knapp neun. Mit dem IPO wollte Vorstandschef Michele Puller das geplante Wachstum finanzieren.

Gewinnwarnung 2015

Bereits im Dezember mussten sowohl Steilmann als auch Adler ihre Prognosen zurückschrauben. Als Grund wurde damals die schwache Nachfrage aufgrund des milden Winterwetters genannt.

Zu dem Unternehmen, das sich auf die Altersgruppe der über 45-Jährigen konzentriert, gehören neben Steilmann unter anderem die Marken Apanage und Kapalua sowie Boecker-Modehäuser. Außerdem zählt die börsennotierte Modekette Adler dazu, an der Steilmann zusammen mit dem Investor Equinox die Mehrheit hält. 2014 setzte die Steilmann SE mit 8.300 Mitarbeitern in 18 Ländern rund 900 Millionen Euro um.

Die Adler-Unternehmensgruppe betreibt insgesamt 178 Modemärkte, davon 154 in Deutschland, 21 in Österreich, zwei in Luxemburg und einen in der Schweiz. Von der Steilmann-Insolvenz erwartet Adler eigenen Angaben zufolge keine nennenswerten Auswirkungen auf das operative Geschäft sowie auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Es bestehe kein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag, hieß es auf Anfrage.

Am deutschen Aktienmarkt in Frankfurt sorgte die Steilmann-Pleite zu Handelsbeginn am Donnerstag für Aufruhr: Steilmann-Aktien rauschten um 90 Prozent auf 0,23 Euro in den Keller. Adler fielen in der Spitze um mehr als zehn Prozent auf 8,10 Euro.

Strauchelnde Textilwirtschaft

Steilmann reiht sich somit in eine Reihe von namhaften Textilherstellern wie Gerry Weber, Hugo Boss, Tom Tailor oder Bonita ein, die ebenfalls mit flauen Geschäften zu kämpfen haben. Die Modeunternehmen hatten in den vergangenen Jahren den Verkauf ihrer Ware über eigene oder Franchise-Geschäfte vorangetrieben und bei den Neueröffnungen ein erhebliches Tempo vorgelegt, schockten aber 2015 die Börse mit Gewinnwarnungen. Die Tom-Tailor-Gruppe kündigte ein Kostensenkungs- und Effizienzprogramm an, das unter anderem die Schließung nicht so profitabler Filialen und eine deutliche Verringerung des Expansionstempos vorsah.

Neben dem zunehmenden Onlinehandel ringen die deutschen Modefirmen aber auch mit den wachsenden Marktanteilen von H&M und den Inditex-Ablegern Zara und Massimo Dutti. Die Konkurrenten sorgen mit rasch wechselnden Kollektionen für steten Zustrom in ihre Geschäfte.

Licht und Schatten

Aber es gibt auch Gewinner: So glänzte etwa der Sportartikelhersteller Adidas, der vom Branchenblatt "Textilwirtschaft" ebenfalls zu den Fashion-Aktien gerechnet wird, mit einem Umsatzrekord in China und deutlichen Absatzsteigerungen im Internet. Die Folge: Die Aktie des Sportartikelherstellers gewann 2015 satte 58 Prozent an Wert. Rivale Puma legte um 17 Prozent zu.

2016 dürfte allerdings für viele Modehersteller aufgrund der harten Konkurrenz nicht leichter werden. H&M und Zara kündigten bereits weiteres Wachstum an, Primark setzt neue Maßstäbe in der Verbindung von modischer Aktualität und Discount. Und die Internethändler Amazon und Zalando punkten mit gigantischer Auswahl und Preistransparenz. Um sich gegen diese geballte Konkurrenz behaupten zu können, müssen sich Gerry Weber und Co wohl noch einiges einfallen lassen. (Reuters, ch, 24.3.2016)