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Finanz- und Innenministerium wollen Spenden bei Fördergeldern für NGOs abziehen. Ein Raubzug des Staates gegenüber all jenen, die Hilfsbedürftigen und den säumigen staatlichen Stellen, etwa in Traiskirchen, helfend in die Presche gesprungen sind?

Foto: APA/EPA/ROLAND SCHLAGER

Wenn die Sprecherin des Finanzministeriums den Abzug der flüchtlingshilfeorientierten Spendengelder von den öffentlichen Fördermitteln an NGOs mit einer "höchste(n) Ethik" (STANDARD vom 21.3.) begründet, so möchten manch ethisch geneigte, steuerzahlende Bürgerinnen und Bürger diese Argumentation mit einem Fragezeichen versehen.

Was ist mit "höchster Ethik" gemeint? Das Finanzministerium lässt uns leider im Dunkeln. Handelt es sich um eine Glaubensfrage? Immerhin hat die bloße Berufung auf die "höchste Ethik" ja offenbar gereicht, um die Argumentation der Gegenseite "vom Tisch" zu wischen. Doch man will der Sache auf den Grund gehen. Mit der begrifflichen Verknüpfung von "höchster Ethik" und "Steuergeld" gelingt es, die zunächst leere Behauptung mit antizipiertem Sinn zu füllen. Heureka!

"Höchste Ethik"?

Aber wie sieht es aus mit der Verteilungsgerechtigkeit? Mit "höchster Ethik" angesprochen erscheint die Verpflichtung des Staates, mit den ihm zur (Um)Verteilung aus den Händen der Bürgerinnen und Bürger anvertrauten Mitteln sorgsam umzugehen. "Na logo", ist man da geneigt zu denken. Es stellt sich aber auch die Frage: Was heißt denn "sorgsam umgehen"? Der eine Bürger oder die andere Bürgerin denkt weiter: Handelt es sich dabei nicht um die altbekannte Frage nach der gerechten (Um)Verteilung? Ist es nicht eine dieser Fragen, deren Beantwortung, je nach politischer Couleur, gesellschaftlichen Herausforderungen und historischen Kontexten äußerst kontroversiell und bunt ausfällt? Bürgerinnen und Bürger, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, kommen wohl zu folgendem Schluss: Die behauptete "höchste Ethik" entbehrt jeder allgemeinen Gültigkeit.

Ein Täuschungsmanöver?

Vielmehr drängt sich nun der Verdacht auf, dass die ihres metaphysischen Gehaltes beraubte Argumentation ein Täuschungsmanöver zur Verschleierung eines Sachverhaltes ist. Wurde nämlich implizit der Sachverhalt der Sorgfaltspflicht des Staates angesprochen, so entgeht den steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürgern nicht, dass diese neben der (Um)Verteilung der Mittel auch für die Erbringung hoheitlicher Aufgaben gilt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass hier andere ethische Maßstäbe gelten als beim Thema Verteilungsgerechtigkeit.

Eine Schammaßgröße

Daher stellt sich abschließend die Gretchenfrage: Sag Staat, wie hast du's mit der Wahrung deiner Sorgfaltspflicht gegenüber deiner hoheitlichen Aufgabe rund um die Flüchtlingsfrage? Es scheint, als hätten nicht vorrangig NGOs, sondern in besonderem Ausmaß ein überhöhter Anteil steuerzahlender Bürgerinnen und Bürger befunden, dass die öffentlichen Körperschaften in der Wahrung ihrer diesbezüglichen Sorgfaltspflicht ("höchste Ethik") säumig gewesen seien. Die Höhe des Betrages, den der Bund nun einsparen will, darf als das unfreiwillige Maß für das Ausmaß politischen Versagens gelten. Es handelt sich um eine Schammaßgröße, die in dieser Form der Öffentlichmachung an Peinlichkeit durch eigene Bloßstellung kaum zu überbieten ist. Umso mehr noch, als diese intendierte Maßnahme kaum anders zu verstehen ist als ein Raubzug des Staates gegenüber all jenen, die nicht nur den Hilfsbedürftigen, sondern auch den säumigen Stellen helfend in die Presche gesprungen sind. (Bernd Rohrauer, 30.3.2016)