Der Kampf um das beste Bild in Kabul lässt den Adrenalin-Junkie Cal (Raphael van Bargen) gefährliche Grenzen überschreiten.

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Wien – "All das Gerede von Blut und Erschlagen verdirbt mir den Appetit auf Tee." Wer sich hier nicht den Genuss verderben lassen will, ist nicht ein von den täglichen Kriegsnachrichten übersättigter Fernsehzuschauer, sondern die Grinsekatze aus Alice im Wunderland. Barbara Eders Spielfilm eröffnet wohlweislich mit diesem Zitat aus Lewis Carrolls skurrilem Kinderbuch: Die Erzählungen rund um drei Kriegsreporter, die Thank You For Bombing lose miteinander verknüpft, verhandeln auf unterschiedliche Weise den schmalen Grat des Grauens zwischen Abscheu und Lust.

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Die Verbrennung mehrerer Koranbände in Afghanistan, angelehnt an die realen Ereignisse im Februar 2012, bildet den Hintergrund der drei Kapitel: Ein altgedienter österreichischer Kriegsberichterstatter (Erwin Steinhauer), der vom österreichischen Fernsehen nach Kabul entsendet wird, meint am Wiener Flughafen einen Kriegsverbrecher wiederzuerkennen – den Mörder seines Kameramanns im Bosnienkrieg.

In der mittleren Episode wittert eine junge US-Reporterin (Manon Kahle), bereits vor Ort in Afghanistan, die Chance auf die große Karriere, indem sie die beiden Soldaten ausfindig machen will, die für die Verbrennung verantwortlich sind.

Hunger nach Schreckensnachrichten

Und zuletzt wartet ein abgebrühter Journalist (Raphael van Bargen) in Kabul so lange vergeblich auf den Volksaufstand gegen die US-Truppen, bis er bereit ist, selbst die Taliban zu besuchen und dabei buchstäblich seinen Kopf zu riskieren.

"Only bad news are good news." Thank You For Bombing erzählt von jenen, die zwar nicht für Appetit auf den Schrecken des Krieges sorgen, zumindest aber dazu angehalten sind, den Hunger auf die neuesten schrecklichen Nachrichten zu stillen. Doch mehr als für diese Art von Wettkampf in seinen zynischen und brutalen Ausformungen – und fernab jedweder Mediensatire – interessiert sich Eder für die psychischen Auswirkungen auf ihre Protagonisten: Was macht der Krieg aus einem Menschen, dessen Aufgabe und Ziel es ist, Augenzeuge zu sein?

Abgründe der Augenzeugen

Thank You For Bombing spielt diese unterschiedlichen Zustände beinahe exemplarisch durch. Trauma, Verzweiflung, Selbstdemütigung, Wut, Sarkasmus. Dass die einzelnen Erzählungen mitunter selbst einen reißerischen Ton anschlagen, mag auf den ersten Blick unangenehm verstören, erfüllt aber seinen Zweck. Denn ausgerechnet in seinen dramatisch zugespitzten Momenten vermittelt dieser Film am eindringlichsten das Gefühl der unmittelbaren Zeugenschaft. Auch wenn man dann vielleicht lieber wegsehen würde. (Michael Pekler, 22.3.2016)