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Gelegentlich tragen die vielen Millionen, die die Regierung aus Steuermitteln dem Boulevard in den gierigen Rachen stopft, ihre Früchte. Aber wenn man bedenkt, dass die FPÖ dort mindestens denselben medialen Profit einheimst, ohne dafür auch nur einen Cent zu bezahlen, erscheint einem die Welt doch ein wenig ungerecht. Kaum hatte sich die Aufregung um das Interview gelegt, mit dem der Bundeskanzler 600.000 Menschen vor die Fernsehgeräte locken konnte, erhielt Strache im "Krone"-Newsroom die Chance zurückzuschlagen. Da sein Auftritt beim krone.at-Talk mit Bild – samt Moderator – und Aussage am Donnerstag in der "Kronen Zeitung" abgedruckt vorlag, kann man davon ausgehen, dass er mit seiner Botschaft nicht weniger Menschen erreicht hat als Werner Faymann.

Straches Frontalattacke gegen die Bundesregierung in Sachen Asylpolitik konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich in der Defensive befand, musste er sich doch gegen die intellektuelle Enteignung durch die Bundesregierung zur Wehr setzen, mit ungewissem Erfolg. "Wir hatten schon von Beginn an recht", jammerte er und forderte, "Faymann und Mitterlehner sollten sich für ihr Versagen, für ihre Fehleinschätzungen entschuldigen."

Da es der "Krone" egal ist, wer in diesem Streit recht hat, solange nur ostalpinem Sumpertum Rechnung getragen wird, hat sie die von Strache geforderte Entschuldigung bei der Regierung noch nicht eingetrieben, diese vielmehr bei ihren Aktivitäten im Sinne Straches hingebungsvoll unterstützt. Mit der selbstzufriedenen Schlagzeile Österreich hat genug getan strafte sie am Samstag ihren Kolumnisten Christoph Schönborn Lügen, den sie in einem kaum wahrnehmbaren Einspalter auf Seite 2 sagen ließ, es werde auf Dauer nicht gehen, dass wir uns als Festung Europa einmauern, und Asyl sei ein "heiliges Recht". Seine Sonntagskolumne in der bunten Beilage durfte er dennoch schreiben.

Klaustrophilie muss Nationalcharakter werden

Das von ihm gedolmetschte Wort Gottes fand in der "Krone" aus geschäftlichen Gründen weniger Anklang als die Wortkaskaden der von SPÖ, ÖVP und FPÖ gebildeten Alternative für Österreich (AfÖ). Am Dienstag konnte das Blatt berichten, Minister Doskozil, Kurz und Mikl-Leitner einig: Österreich völlig dichtmachen! Man wähnte sich dem nationalen Ideal eines geistigen Vakuums, in dem sich nichts bewegt außer Dancing Stars und die Auflage der "Krone", so nahe wie vielleicht noch nie. Das galt es abzusichern. Balkan geschlossen halten – Brenner schließen – Grüne Grenze zu Ungarn und zur Slowakei überwachen – Mittelmeerraum schützen hämmerte man in die Gehirne der Leserinnen und Leser – Klaustrophilie muss Nationalcharakter werden.

In diesem edlen Bestreben will man sich nicht stören lassen, weshalb am Mittwoch die Schlagzeile nur lauten konnte: Grüne toben gegen gesperrte Grenzen, und das – welche Ruchlosigkeit! – obwohl große Mehrheit Regierungskurs stützt. Was man gelten lassen kann, seit dieser Kurs von der FPÖ abgekupfert wurde. Entgegen dem Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung – in der "Krone" auf den Begriff gebracht – toben die Grünen über die "Grenzen zu"-Politik Österreichs in der sich zuspitzenden Flüchtlingskrise.

Die Tobsucht der Grünen erschöpfte sich in der Befürchtung, ohne legale Fluchtwege werden noch mehr Menschen sterben, das Grenzen-zu-Domino heizt nur das Elend der Flüchtlinge weiter an. Dem grünen Toben versuchte das Blatt mit der Zwangsjacke Peter Gnam Einhalt zu gebieten. Die Grüne Korun hat mit diesem gestrigen Pamphlet der Öffentlichkeit endgültig die Augen geöffnet, wie die Glawischnig-Mannschaft tickt. Kein Wort darüber, dass Österreich in der Flüchtlingskrise schon bisher Übermenschliches vollbracht hat. Mit der AfÖ erhält der österreichische Übermensch endlich sein wahres Gesicht.

Und wenn die Tränendrüse gefordert ist, wird auch auf sie gedrückt. Hilfe beim Aufbau eines neuen Lebens stand am Donnerstag auf Seite 1 über einem Foto, das den Besuch von Kardinal und Caritas-Chef Landau bei Flüchtlingskindern dokumentierte. Der wahre Zweck des Dokuments erfüllte sich aber darin, dass auch der Außenminister als einer der Hauptrepräsentanten heimischer Übermenschlichkeit sich in das Bild drängen und huldvoll auf Flüchtlingskinder herabblicken durfte, denen kostenlos geholfen wird, nach Krieg und Verfolgung ein neues Leben in Glück und Frieden aufzubauen.

Das soll aber nicht heißen, es können alle kommen. Schließlich hat Österreich genug getan. (Günter Traxler, 19.3.2016)