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Nicht weniger als 47 Topmanager klagt die Istanbuler Staatsanwaltschaft wegen Ölschmuggels und Bildung einer kriminellen Vereinigung bei Petrol Ofisi an. Unter den Namen der Beschuldigten soll auch OMV-Finanzvorstand David Davies und Vorstandsmitglied Manfred Leitner stehen

Foto: reuters/MURAD SEZER

Istanbul/Wien – Bei militärischen Konflikten heißt das technisch-kühl Kollateralschaden: Eine gezielte Bombardierung trifft neben dem Gegner auch andere. Die Bombe der Istanbuler Staatsanwaltschaft für Terrorismusbekämpfung, die diese Woche von regierungsnahen Medien in der Türkei enthüllt worden ist, zielt auf altbekannte Gegner – den Dogan-Konzern und die Is-Bank, an der die größte Oppositionspartei der Türkei, die sozialdemokratische CHP, beteiligt ist.

Als Teilhaber an der Mineralölfirma Petrol Ofisi (PO) sollen Dogan und Is-Bank zwischen 2001 und 2007 illegal Öl in die Türkei geschmuggelt haben, so lautet angeblich der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Die OMV hängt in der Strafsache mit drin: Sie stieg 2006 als Minderheitsaktionär bei Petrol Ofisi ein und übernahm PO im Jahr 2010 ganz.

47 Manager angeklagt

47 Topmanager klagt die türkische Staatsanwaltschaft nun an. Neben Dogan-Konzernchef Aydin Dogan und Is-Bank-Chef Ersin Özince sollen auch die Namen des scheidenden OMV-Finanzvorstands David Davies und des Vorstandsmitglieds Manfred Leitner als Schmuggler-Beschuldigte aufgeführt sein. Den angeblich entstandenen Schaden bezifferte das regierungsnahe Blatt Sabah unter Berufung auf die Anklageschrift mit rund 42,4 Millionen Dollar. Für Dogan und Özince soll die Anklage 24,5 Jahre Haft verlangen.

Die OMV bestätigte auf Anfrage des STANDARD die Existenz dieses Rechtsverfahrens, wollte aber mit Blick auf das laufende Verfahren keine Kommentare abgeben. Der von der OMV im Februar überraschend bekanntgegebene Verkaufsprozess der PO habe nichts mit dem Rechtsverfahren zu tun, sagte ein Sprecher. Petrol Ofisi sei ein gutes und profitables Asset, passe aber nun nicht mehr zur Unternehmensstrategie.

Umstrittener Berater

Berichte über Ermittlungen gegen PO zirkulierten bereits im Juli 2015 in Regierungsmedien. Yigit Bulut, der umstrittene Wirtschaftsberater von Staatspräsident Tayyip Erdogan, hatte zuletzt im Jänner die Wiederverstaatlichung der Is-Bank gefordert. Während die Is-Bank am Donnerstag mitteilte, sie habe keine Kenntnis von der Anklage, wies der Dogan-Konzern die Beschuldigungen als politisch motiviert zurück. Zum Dogan-Konzern gehören das Massenblatt Hürriyet, das nicht im Regierungslager steht, sowie der Nachrichtensender CNN Türk.

Rechtsverfahren und Zwangsverwaltungen missliebiger Unternehmen haben sich in der Türkei seit 2014 gehäuft. Neben alten Gegnern wie Dogan, der 2009 mit einer Rekordstrafe von zunächst drei Mrd. Dollar wegen angeblicher Steuerhinterziehung belegt wurde, rückten Unternehmen ins Visier der Regierung, die zum Netzwerk des Predigers Gülen gehören sollen, eines Ex-Verbündeten Erdogans: Bank Asya kam unter Zwangsverwaltung ebenso wie der Medien- und Minenkonzern Koza-Ipek, der Möbelhersteller Boydak, die Kaynak-Holding oder die Zaman-Pressegruppe. (Markus Bernath, 19.3.2016)