Wien – Keine nennenswerte Korrektur nach unten: Das ist die gute Nachricht der am Donnerstag in Wien vorgestellten Frühjahrsprognose. Die Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo erwarten heuer ein Wachstum von 1,6 Prozent in Österreich. Das ist um gerade einmal 0,1 Prozentpunkte weniger als im Dezember prognostiziert. Im Vorjahr lag das Wachstum bei mageren 0,9 Prozent und damit das vierte Jahr in Folge unter der Ein-Prozent-Marke. Beim Institut für Höhere Studien (IHS) ist die Einschätzung ähnlich: plus 1,5 Prozent.

Wobei ein Abtausch stattfindet. Die Investitionen der Unternehmen in neue Maschinen entwickeln sich schleppender als erwartet. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen heuer um 2,5 Prozent steigen. Ein so niedriger Wert bedeutet, dass Firmen nur altes Gerät tauschen und nicht neu investieren, sagt Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker. Auch die Exporte steigen 2016 nicht so stark an wie gedacht, was an der abgeschwächten internationalen Konjunktur liegen soll.

Doch diese Entwicklung wird durch den Konsum kompensiert. "Insbesondere die Erhöhung der Ausgaben für die Betreuung von Flüchtlingen sowie für die Mindestsicherung" werden zu einer Steigerung des privaten und öffentlichen Konsums führen, heißt es in der Wifo-Prognose. Dass der Staat mehr Geld ausgibt, wirkt wie ein Mini-Konjunkturpaket. Hinzu kommt laut Wifo-Chef Karl Aiginger als weiterer Sonderfaktor die Steuerreform, die ebenso den Konsum stützen sollte.

Auf Niveau der 90er-Jahre

Auf ein interessantes und problematisches Phänomen verweist Klaus Weyerstraß vom IHS. In Österreich wird überraschend wenig in Bau investiert. Das betrifft zunächst den Wohnbau: Gemessen an der Wirtschaftsleistung gehen die privaten und öffentlichen Ausgaben für Wohnraumbeschaffung seit Mitte der 1990er-Jahre zurück (siehe Grafik). Verwunderlich ist das, weil laut Statistik Austria im selben Zeitraum die Zahl der privaten Haushalte von drei auf 3,7 Millionen gestiegen ist. Verantwortlich dafür ist großteils das Bevölkerungswachstum.

Weyerstraß vermutet, dass hinter dieser Entwicklung zwei Ursachen stecken: der Sparkurs der öffentlichen Hand und die Reallohnverluste der Privaten in der jüngeren Vergangenheit. Die Ökonomen erwarten in naher Zukunft keine wesentliche Belebung der Bautätigkeit – auch wenn der Wohnraumbedarf nicht zuletzt wegen der Flüchtlinge steigen wird. Verhalten entwickeln sich auch die übrigen staatlichen und privaten Bauinvestitionen, also Ausgaben für Straßen und Fabriken. Nachdem die Ausgaben zuletzt fielen, sollen sie heuer leicht (0,8 Prozent) steigen. (szi, 17.3.2016)