Bild nicht mehr verfügbar.

Einfache Botschaften, die verfangen: Thomas Hofer über die Kampagne von Donald Trump.

Foto: REUTERS/Chris Keane

STANDARD: Fast beiläufig hat der US-Republikaner Marco Rubio am Mittwoch seinen Nominierungswahlkampf beendet. Warum konnte sich der frühere Mitfavorit so gar nicht durchsetzen?

Hofer: Wer seinen eigenen Bundesstaat nicht gewinnt, hat ganz einfach keine Legitimation, im Rennen zu bleiben. Dabei wäre er durchaus ein Kandidat gewesen, der Hillary Clinton gefährlich werden kann. Doch auch er wurde von der Donald-Trump-Welle weggespült. Dass ihn Jeb Bush, der frühere Gouverneur von Florida, nicht unterstützt hat, war ein schwerer Schlag für Rubio. Letztlich hat die Schlammschlacht Bush gegen Rubio beiden geschadet. Sein Grundfehler und der aller eher moderaten Kandidaten der Republikaner war, dass sie ihre ganze Kraft viel zu lange darauf verwendet haben, einander zu beschädigen, und Trump sozusagen rechts liegengelassen haben.

STANDARD: Technologische Neuerungen bietet der aktuelle Wahlkampf kaum. Was ist denn das Spannende an Trumps Kampagne?

Hofer: Wir müssen alle zur Kenntnis nehmen, dass Trump einen handwerklich perfekten Wahlkampf führt. Man muss sich nur ansehen, wie viele Menschen zu seinen Veranstaltungen gehen. Er spricht die tatsächliche Wut in der Bevölkerung an; zwar mit den einfachsten denkbaren Botschaften und mit unsäglichen Beschimpfungen, aber er findet Widerhall. Ich halte ihn im November für keineswegs chancenlos, weil er jetzt schon gezeigt hat, dass er im ganzen Land und in allen Schichten gewinnen kann, auch bei den Arbeitern, die eigentlich eine eher demokratische Wählerschicht sind. Nicht nur weiße alte Männer wählen Trump, sondern er bringt Wähler zurück in den demokratischen Prozess, die man eigentlich schon verloren geglaubt hat. Das ist auch die einzige Parallele zu Barack Obamas Wahlkampf 2008; nur heißt die Botschaft diesmal nicht Hoffnung, sondern Wut.

STANDARD: Gilt die Formel nicht mehr, wonach ein Kandidat ohne die Stimmen der Minderheiten nicht gewinnen kann?

Hofer: Die wachsenden Gruppen der Hispanics und Afroamerikaner helfen den Demokraten natürlich, keine Frage. Und Trumps Schimpftiraden etwa gegen Frauen und ethnische Minderheiten können Clinton helfen, ihr dramatisches Enthusiasmusdefizit zu überwinden und zu mobilisieren. Wenn es Trump aber gelingt, weiße Nichtwähler zur Wahl zu bringen, könnte dieser Vorteil schrumpfen. Seine Botschaft baut auf den Verlust- und Abstiegsängsten der Amerikaner auf, und "Making America Great Again" ist ein idealer Slogan dafür, auch in demokratische Wählerschichten einzudringen. Sein Anti-Establishment-Kurs könnte durchaus auch in Bundesstaaten verfangen, die von den Demokraten eigentlich als sichere Bank gesehen werden, etwa New Jersey. Die Gefahr für Clinton ist genau Trumps Anti-Establishment-Programm, denn sie steht mit jeder Faser ihres Daseins für das Establishment. Und Bernie Sanders zeigt jetzt schon auf, wie verwundbar sie auf dieser Seite ist.

STANDARD: Ist Trump noch zu verhindern, etwa mit einer sogenannten Contested Convention?

Hofer: Für alle Szenarien, in denen die Kandidatur Trumps noch verhindert werden soll, gab es am Dienstag den Rückschlag, denn dafür hätte Marco Rubio auf jeden Fall Florida gewinnen müssen. Selbst wenn dieser Plan aufgegangen wäre, ist es im Medienzeitalter undenkbar, dass ein Kandidat mit deutlichem Wählervotum vom Parteitag noch verhindert wird. Das kann sich die Republikanische Partei nicht leisten. All diese Spielereien befeuern am Ende nur Trumps Kampagne, weil es genau ihrer Botschaft zupasskommt. Ich glaube nicht, dass Trumps Kandidatur noch aufzuhalten ist.

STANDARD: Wie schmutzig wird der Wahlkampf, wenn Trump und Clinton einander gegenüberstehen?

Hofer: Der Anteil an negativer Wahlwerbung war schon in den vergangenen Wahlkämpfen stark im Steigen. Auch Obama hat drei Viertel seiner Botschaften gegen Mitt Romney negativ geschaltet. Ich gehe davon aus, dass dieser Anteil noch einmal steigen wird und dass es auch in Sachen Tonalität und persönliche Angriffe noch einmal heftiger wird. Trump wird natürlich versuchen, Clinton, mit der er früher einmal recht gut war, heftig am Zeug zu flicken. Und umgekehrt natürlich auch, schließlich geht es um die Mobilisierung. Ein schmutziger Wahlkampf ist also unausweichlich und wird – entgegen dem Mythos – die Wahlbeteiligung wohl nicht nach unten drücken, sofern er geschickt gemacht wird. (Florian Niederndorfer, 16.3.2016)