In Asien wird Tofu bereits seit mehr als tausend Jahren hergestellt und ist dort Grundnahrungsmittel.

Foto: Lukas Friesenbichler

Er schmeckt nach nichts, ist fad und eher etwas für Gesundheitsbewusste – so argumentieren die Fleischfresser, die Tofu höchstens unter Protest für die zur Grillparty eingeladenen Veganer kaufen. Die Wahl des richtigen Tofus spielt hier meist keine Rolle, sieht doch auf den ersten Blick alles ähnlich aus. Doch der Schein trügt. Tofu ist mehr als ein gepresstes Laberl, eine langweilige Beilage oder ein geschmackloses Stück Eiweiß. Der Block aus Sojabohnen und Wasser wird in Asien bereits seit mehr als tausend Jahren hergestellt und ist dort Grundnahrungsmittel. Man isst ihn schon morgens zum Frühstück im Müsli, in der Suppe oder gebraten.

Tofu, den man in Österreich zu kaufen bekommt, ist fast immer pasteurisiert und somit länger haltbar. Der Geschmack ist mit dem von frischem Tofu nicht vergleichbar, weiß Autorin und Köchin Elisabeth Fischer. "Tofu hat zwar keinen ausgeprägten Eigengeschmack, wenn er frisch ist, fühlt er sich aber anders im Mund an. Er schmeckt außerdem runder und feiner. Man kann ihn mit Frischkäse vergleichen, der pasteurisiert auch anders schmeckt als frisch", sagt Fischer, die seit mehr als 40 Jahren Tofu isst und unzählige Rezepte geschrieben hat.

1970 hatte sie zum ersten Mal darüber gelesen. Damals schien es aber nahezu unmöglich, an Tofu zu kommen. Und so begann die gebürtige Deutsche in einem Restaurant zu arbeiten und stellte selbst zweimal pro Woche frischen Tofu selbst für ihre Gäste her. Heute ist die Auswahl an Tofu kaum noch überschaubar, und immer mehr Kunden finden Gefallen an dem aus Bohnenbrei gepressten Lebensmittel.

Tofu aus Österreich

Alles begann, als der österreichische Agrarwissenschafter Friedrich Haberlandt zur Weltausstellung 1873 Sojabohnen von asiatischen Ausstellern bekommen hatte. Er wollte die Sojabohne als Feldfrucht in Österreich einführen und legte damit den Grundstein für heimisches Soja.

Während die Bohne viele Jahre vor allem als Futtermittel angebaut wurde, hat man irgendwann eigene Sorten in Österreich für den menschlichen Verzehr produziert. "Vor vielen Jahren war es üblich, Soja aus Asien zu kaufen. Ich habe mir irgendwann gedacht, dass man auf Sojabohnen aus Österreich zurückgreifen könnte. Schließlich haben wir genug davon, und den Bauern würde es auch zugutekommen, könnten sie doch wesentlich mehr dafür verlangen ", sagt Ernst Ternon von der "Sojarei " in Traiskirchen.

Das Unternehmen beliefert nahezu alle österreichischen Handelsketten mit Sojaprodukten. Überhaupt gäbe es laut Ternon kaum noch europäische Tofuproduzenten, die Bohnen aus Asien kaufen. Während der Sojaanbau in Österreich 2004 bei 45.000 Tonnen lag, wurden zehn Jahre später bereits 120.000 Tonnen produziert. Heute wird gentechnikfreies Soja aus Österreich in die ganze Welt exportiert. Heimischer Tofu ist gefragt wie nie. "Tofu war früher ein Randprodukt und nur in Fachgeschäften erhältlich. Unsere Produktion steigt seit Jahren um 15 bis 20 Prozent pro Jahr ", sagt Ternon, der gerade an einer Rezeptur für den sehr viel feineren Seidentofu arbeitet.

Bild nicht mehr verfügbar.

Tofu-Herstellung in Indonesien. Der hierzulande verkaufte Tofu wird meist mit Sojabohnen aus heimischem Anbau gefertigt.
Foto: reuters/beawiharta

Kritische Stimmen

Für viele Tofu-Fans und Teilzeitvegetarier spielt neben der vielfältigen Zubereitung des geschmacksneutralen Presswürfels auch der gesundheitliche Nutzen eine wesentliche Rolle. Als Wunderwaffe gegen eigentlich eh alles wird die Sojabohne gerne angepriesen, soll sie doch das Krebsrisiko senken, Wechselbeschwerden bei Frauen lindern oder die Gefahr, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, reduzieren. Was feststeht, ist, dass Soja einen sehr hohen Eiweißgehalt hat und damit als perfekte Proteinquelle dient. Laut vielen Kritikern könne Soja tierisches Eiweiß niemals ersetzen.

Für Elisabeth Fischer geht es aber vielmehr darum, dass Soja Teil einer ausgewogenen Ernährung sein sollte. Es brauche einen genussvollen und lockeren Umgang damit. Dass die Sojabohne aber ökologisch einen wesentlichen Beitrag zu unserem System leistet, davon ist sie überzeugt. "Das Argument, dass der Regenwald abgeholzt wird, ist aufgrund des heimischen Anbaus obsolet. Soja ist außerdem ein Stickstoffbinder. So wird der Boden wieder fruchtbar, und man muss beim nachfolgenden Anbau weniger Dünger verwenden", sagt Fischer und versteht die Aufregung und Hetze der Kritiker nicht.

Damit meint sie auch das vor kurzem im Kopp-Verlag erschienene Buch "Soja – die ganze Wahrheit". Darin geht es laut Beschreibung um die Schattenseiten der gesunden Ernährung. Auf der Website des Verlages finden sich unter anderem auch Buchtitel wie "Die Fleischlüge", "Der Murks mit der Milch" oder "Warum macht die Nudel dumm". Der Verein "Soja in Österreich ", präsentiert hingegen auf seiner Website die positiven Eigenschaften des Sojaanbaus, wie den geringen CO2-Ausstoß.

Vielfalt und Genuss

Tofu lässt sich auf unterschiedliche Arten zubereiten. Dass die Naturvariante kaum Eigengeschmack hat, wertet Elisabeth Fischer als positive Eigenschaft. So könne man ihn in unterschiedlichen Gerichten verarbeiten. Schließlich würde auch niemand Mehl oder rohe Eier einfach so essen. Man müsse verstehen, dass Tofu erst richtig gut wird, wenn man ihn entsprechend verarbeitet.

Natürlich gibt es unterschiedliche Tofuarten, die auch unterschiedlich schmecken. Seidentofu beispielsweise, den man bei uns noch kaum kennt, hat eine völlig andere Konsistenz als der fest gepresste Tofu aus dem Supermarkt. Er ist anders in der Herstellung, und seine Konsistenz erinnert an Pudding. In Asien wird er oft für Süßspeisen verwendet.

Do it yourself

Tofu lässt sich auch selbst produzieren und schmeckt am besten frisch. Dazu braucht es eigentlich nicht viel: Sojabohnen, Gerinnungsmittel (z. B. die Meersalzmischung Nigari) und Wasser. Zuerst wird die Sojamilch hergestellt. Dazu kocht man zuvor über Nacht eingeweichte und pürierte Sojabohnen auf und gießt sie durch ein Sieb ab. Durch das Gerinnungsmittel stockt die Sojamilch, und es entsteht ein Bruch, der danach zu Tofu gepresst wird.

Was für den Hausgebrauch einfach klingt, ist für die Massenproduktion eine Wissenschaft. In Asien gibt es Tofumeister, die auf altes Wissen zurückgreifen und ihr Handwerk bestens beherrschen. Das ist auch der Grund, warum kaum ein Tofu gleich schmeckt wie der andere. "Die Art des Tofus ist von vielen Faktoren abhängig. Das geht von der Dosierung des Gerinnungsmittels über die Temperatur beim Aufkochen bis hin zur Rührzeit. Es ist außerdem wichtig, die richtige Sojabohne zu finden, bei der das Verhältnis von Eiweiß und Fett stimmt. Man braucht viel Erfahrung, um eine Tofuproduktion hochzuziehen. Es gibt wenig Vergleichswerte für Nachahmer, weil die Branche noch sehr jung ist", ist Ernst Ternon überzeugt.

Nicht ganz so groß wie die Sojarei ist das "Shu-Chen Sojahaus" im Südburgenland. Dort stellt die Taiwanesin Chuang Shu-Chen wöchentlich rund 20 Kilogramm frischen Tofu her. Er schmeckt viel feiner als das, was man im Supermarkt bekommt. Wer für frischen Biotofu nicht bis ins Burgenland fahren möchte, der stellt ihn einfach selbst her. Die Zutaten sind nicht schwer zu bekommen, und der Aufwand hält sich in Grenzen. (Alex Stranig, RONDO, 19.3.2016)