Die argen Jungs von früher haben sich vor ihr gefürchtet, sich gleichzeitig aber angezogen und immer wieder auch ausgezogen gefühlt. Lydia Lunch war die strenge Schwester des New Yorker Undergrounds der 1980er-Jahre. Ihr beichteten Henry Rollins, Nick Cave und Legionen anderer Tunichgute.

Heute, längst im Stadium der Unberührbaren, geht sie wieder einmal auf Tour und hat für ihr aktuelles Unternehmen Lydia Lunch Retrovirus eine honorige Combo zusammengestellt, zu der neben Lunch als Scharfmacherin der Gitarrist Weasel Walter zählen, dazu Bassist Tim Dahl, und hinten an der Budel sitzt Bob Bert, der zweite Schlagzeuger von Sonic Youth und spätere Trommler von Pussy Galore!

Am Mittwoch ist diese Gang im Salzburger Rockhouse und am Donnerstag im Wiener Chelsea zu erleben. Gemeinsam durchmessen sie das 2013 erschienene Album Retrovirus sowie Ausgesuchtes aus den vielen Kollaborationen von Madame Lunch. Die heißt eigentlich Lydia Koch, ist heute 56 und verdankt ihren Künstlernamen Willy DeVille. Der fing an, sie so zu rufen, weil sie zu Zeiten der No Wave für Freunde Essen gestohlen hat. Eine Mutter Theresa in Lack und Leder.

Sie hat mit all den Bösen und ganz Bösen New Yorks gearbeitet und ist heute eine Domina über garstige Postpunksongs ebenso wie über groovige Titel wie die Neusichtung von Burning Skulls, das sie einst als Shotgun-Wedding mit dem australischen Ausnahmegitarristen Rowland S. Howard aufgenommen hat. Da geht eine Träne auf Reisen. (flu, 15.3.2016)