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Head-Rennchef Salzgeber ist für Änderungen im Reglement.

Foto: gepa

Wien – Die Entscheidung im Gesamtweltcup der Herren fiel am 23. Jänner während der Abfahrt in Kitzbühel. Bei den Damen war im Grunde nach dem Super-G von Soldeu am 27. Februar alles klar. Die schweren Verletzungen der Head-Stars Aksel Lund Svindal und Lindsey Vonn ebneten Marcel Hirscher (Atomic) und Lara Gut (Head) den Weg – ohne deren Leistungen schmälern zu wollen. Beide wären aber nicht sorglos ins Finale gerutscht.

Rainer Salzgeber kann mit Gut gut leben, hätte aber gewiss Svindal lieber vor Hirscher gesehen. Doch der Rennsportleiter von Head ist weit davon entfernt, Politik zu betreiben, wenn er im Gespräch mit dem STANDARD die nahezu beispiellose Verletzungsserie der zu Ende gehenden Saison analysiert. "Die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, sind leider schon sehr negativ. Die Verletzungsserie ist massiv."

Die Liste der Betroffenen ist elendslang. Die Häufung von mittelschweren bis ganz schweren Knieverletzungen auffällig. Der Franzose Guillermo Fayed fügte sich im Training für die Abfahrt von Kvitfjell für Salzgeber in ein Muster, in das auch Anna Fenninger, Nicole Schmidhofer, Matthias Mayer, Max Franz, Georg Streitberger, Ted Ligety, Svindal, Vonn und weitere Athleten passen.

Jeder Fall für sich

Natürlich weiß Salzgeber als Ex-Athlet, "dass man sich jeden Fall differenziert anschauen muss", dass auch Fahrfehler, ständig höhere Anforderungen an die Athletik der Rennläufer, der straffe Weltcupkalender, äußere Bedingungen wie Wetter und Pistenbeschaffenheit nicht unwesentliche Rollen spielen. "Die Präparierung der Piste ist in vielen Fällen ein Problem, sie soll homogen sein. Aber bedingt durch wenig Schnee und hohe Temperaturen ist das oft nicht so einfach."

Die Rennkalenderplanung sei gemäß dem Vorarlberger "teilweise wirklich Wahnsinn", zum Beispiel die Aufeinanderfolge von Rennen in Südkorea, Japan, Frankreich, Schweden und Österreich bei den Herren. Glücklicherweise habe Renndirektor Markus Waldner dieses Problem auf seine Agenda genommen.

Ein anderes Problem werde allerdings kaum wahrgenommen, nämlich der keinem Reglement unterworfene Parameter Skihinterende. Als schlicht "zu dominant" bezeichnet es der ehemalige Riesentorlaufspezialist. "Wenn man auf Zug fährt, keine optimale Position hat und daher in Rücklage gerät, dann wirkt sich das negativ auf die Kniegelenke aus". Darauf weise er schon länger hin, aber "es wollte niemand hören."

Hinten breiter

Gefahrenquellen im Materialbereich sind im Verhältnis relativ leicht auszuschalten. Man könnte doch die Skienden einfach schmäler machen – sollte man meinen. "Nein", sagt Salzgeber, "die Problematik ist, dass sich bei den Skiern mit einer Maximallänge von 195 Zentimetern, einer vorderen Maximalbreite von 98 Millimetern und einem Radius von 35 Metern mehr oder weniger automatisch ein Skiende ergibt." Es sei einfach "passiert, dass es hinten breiter ist als früher. Könnten wir die Skier vorn breiter konstruieren, könnten wir sie hinten schmäler machen", sagt Salzgeber. Dazu braucht es allerdings eine Änderung des Reglements, das eigentlich bis nach den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang (Südkorea) gelten sollte.

Vonseiten des internationalen Skiverbandes (Fis) ist die Bereitschaft zur Veränderung gegeben. Gespräche mit Waldner verliefen positiv. "Nach den bisherigen Vorfällen ist eine Änderung für die Saison 2017/18 denkbar."

Früher sei nicht realistisch, weil die Skier für die kommende Saison, speziell für die Bereiche unterhalb des Weltcups, bereits produziert werden und wurden. Man dürfe sich auch keinen Illusionen hingeben. "Im Skirennsport wird es – wie in anderen Sportarten auch – immer eine Menge Verletzungen geben." Vielleicht bildet ja das Weltcupfinale in St. Moritz eine Ausnahme von dieser Regel. (Thomas Hirner, 15.3.2016)