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Marco Rubio im Wahlkampfmodus in Orlando, Florida.

Foto: APA / AFP / Getty Images / Win McNamee

Er versucht gegen die Wut anzureden: "Wie kann es sein, dass ein Kandidat sagt: 'Los! Schlagt dem Kerl ins Gesicht, ich bezahle auch die Anwaltsrechnung?' Wohin soll es führen, wenn ein Kandidat sagt: 'Okay, euch packt der Zorn, nun werdet noch zorniger! Lasst es uns auf die Spitze treiben.'?" – Marco Rubio spricht von Donald Trump und der Sprache der Gewalt, wie sie die Kampagnenauftritte des Bauunternehmers zunehmend überschattet.

In den "Villages", einer der größten Pensionistenkolonien der Welt, schütteln hunderte Senioren den Kopf. Hier bestreitet der Senator aus Miami ein Heimspiel, auch wenn es sonst nicht gut für ihn aussieht. Laut Umfragen könnte der Darling des republikanischen Establishments am Dienstag (Ortszeit) die Vorwahlen im Heimatstaat Florida sogar verlieren. Doch in dieser 115.000-Einwohner-Siedlung, in der man mindestens 55 Jahre alt sein muss, um eine Wohnung erwerben zu können, kann er sich des Zuspruchs sicher sein. Wutbürger gibt es hier nicht. Und dass Rubio die Ausstrahlung eines netten Schwiegersohns hat, finden sie gut.

Zwischenrufe gewünscht

Da wirkt es fast wie bestellt, wenn nach zwei Minuten einer der Jüngeren aufsteht und ruft, der Kandidat da vorn versuche ihm die Freundin auszuspannen! Die sei nämlich hin und weg, sie rede seit Wochen nur noch von diesem Rubio. "Er stiehlt mir mein Mädchen!", ruft der Mann ein ums andere Mal, während ihn Polizisten aus dem Saal schieben. "Nun, bei uns werden Zwischenrufer nicht zusammengeschlagen", sagt der Kandidat lächelnd und wird mit kräftigem Applaus belohnt. Das Risiko, verprügelt zu werden, gehe man nur bei Trump ein. "Wollt ihr in einem Land leben, in dem sich alle hassen?"

Unmittelbar vor der nächsten Vorwahlrunde ist das Klima derart vergiftet, dass es die freundlichen Pensionisten kaum fassen können: John McGraw, 78, hatte vergangene Woche in North Carolina einen jungen schwarzen Zwischenrufer, den Ordner bereits abführten und der sich nicht wehren konnte, mit einem Ellbogenschlag niedergestreckt und hinterher getönt, beim nächsten Mal müsse man einen solchen Störenfried vielleicht sogar töten. Trump versprach, McGraws Anwaltskosten zu übernehmen: Der Mann liebe sein Land. Am Freitag sagte er dann eine Kundgebung ab, weil sich in Chicago viele Demonstranten versammelt hatten.

Reibebaum Donald Trump

Nach der Absage prügelten sich Anhänger und Gegner Trumps, und hinterher schob der Immobilienmogul ausgerechnet dem Demokraten Bernie Sanders die Schuld in die Schuhe. "Nimm dich in acht, Bernie, sonst werden meine Anhänger zu deinen Veranstaltungen gehen!" Trump sei ein Mann, der zur Gewalt anstifte, protestierte daraufhin der Senator aus Vermont.

Aber auch Trumps innerparteiliche Konkurrenten üben heftige Kritik am Liebling der amerikanischen Wutbürger: Ted Cruz, erzkonservativer Senator aus Texas, vergleicht ihn mit einem Diktator aus der Dritten Welt.

Und in den "Villages" spricht Rubio von den Enkeln der Senioren, denen man doch frühzeitig beibringe, dass Gewalt nicht das Mittel sei, um sich mit anderen auseinanderzusetzen. Es wäre geradezu ein Desaster, wenn demnächst einer im Oval Office sitze, der das offenbar anders sehe. (Frank Herrmann aus Orlando, Florida, 15.3.2016)