Der Film vor der Bühne: Evamaria Salcher, Jan Brunhoeber, Vera Bommer, Johanna Marauschek, Clemens Maria Riegler und Franz Xaver Zach (v.l.) auf dem Weg in den Urlaub, der mit einer Überraschung endet.

Graz – Der Montag ist knallrot und hässlich für Alexander Kerfuchs aus dem Roman Die Frequenzen von Clemens Setz. Er nimmt nicht nur Worte mit einer Farbe, einer Konsistenz oder Haltung wahr – er ist Synästhetiker – sein Erschaffer Setz zeigt auch in seiner Sprache vielschichtige Wirklichkeiten. Die verschiedenen Ebenen im Leben von Kerfuchs, wie er seine Eltern, den Kindheitsfreund oder das eigene innere Kind in einer Stadt namens Graz erlebt, packte Alexander Eisenach in eine Bühnenfassung, für die er von Setz völlig freie Hand bekam. Am Samstag war Uraufführung am Grazer Schauspielhaus.

Die Stadt wird einmal wie durch ein am Schlossberg installiertes Brennglas analysiert, die Familie vom Kind Alexander (Johanna Marauschek) im elterlichen Haus heraufbeschworen oder die Exfreundin im Endlosstreit im engen Fiat durchlitten. Kerfuchs (Clemens Maria Riegler) beackert ein Lebenstrauma: den Vater (Franz Xaver Zach), der sich von heute auf morgen aus dem Staub macht – nicht ohne zuvor die bedrohlichen Risse im Fundament des Einfamilienhauses zu entdecken. Evamaria Salcher überzeugt neben ihm als Mutter und später auch als Geliebte von Kerfuchs.

Hirngespinste aus Kletterpflanzen

Das Haus ist freilich vom Keller bis zum Dachziegel eine Metapher. Es schiebt seine Veranda wie ein Gebiss aus dem Mund. Der "senile" Garten hat Hirngespinste aus Kletterpflanzen. Und im Umkehrschluss haben alle Menschen einen "unbetretbaren Raum" in sich. Die wunderbaren Sprachbilder von Setz setzt Eisenach konsequent um. Daniel Wollenzin ist dabei mit seinem Bühnenbild ein kongenialer Partner.

Die Frequenzen, auf denen das Bewusstsein das eigene Leben empfängt, und die Störungen, die sich wie heimtückische Falten in der Luft verstecken, bekommen auf der Bühne ihre Entsprechung durch Videoprojektionen von Roland Horvath und Carmen Zimmermann. Das doppelte Spiel der Schauspieler auf der Drehbühne und auf einer durchsichtigen Leinwand an der Bühnenrampe oder auf der Hausfassade erschafft parallel zum Text eine zweite Stimme. Ein Wermutstropfen: Die Stimmen der Schauspieler laufen meist etwas asynchron zu den Bildern. Am Ende ist das vielleicht auch eine Frage der Frequenz. Am Ende des Stücks jedenfalls wohnt man einem Raketenstart bei, der für Major Tom eingezählt wird. Bowie kann nie falsch sein. Hier auch nicht. (Colette M. Schmidt, 13.3.2016)