Auch auf der Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung gibt es viele Argumente gegen die neue Pflicht.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Auch nach der Verhandlung der ersten drei Individualanträge beim Verfassungsgerichtshof Anfang März hat sich der Nebel rund um die Registrierkassenpflicht nicht gehoben. Angefochten wurde vorerst nur eine Bestimmung aus der Bundesabgabenordnung (§ 131b BAO), ein profunder Antrag aus Oberösterreich hat aber auch weitere anzuwendende Rechtsvorschriften problematisiert.

Zumindest die Frage, ob der Gesetzgeber die grundrechtlichen Schranken der Erwerbsfreiheit, der Gleichheit und das Legalitätsprinzip gewahrt hat, wird das Höchstgericht eingehend beantworten. Im Einzelnen muss der VfGH prüfen, ob die zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung eingeführte Pflicht a) zur Zielerreichung erforderlich, b) verhältnismäßig und c) auch sonst sachlich gerechtfertigt ist.

Viele Argumente sprechen gegen die Verfassungskonformität von § 131b BAO: Die Umsatzgrenze ist viel zu niedrig bemessen, denn wer im Monat nur knapp mehr als 1250 Euro umsetzt, kann noch lange nicht vom Einnahmenüberschuss leben. Auch Unternehmer, die unter dem Existenzminimum verdienen, benötigen somit eine Registrierkasse.

Die Anknüpfung an die Vorjahresumsätze könnte gleichheitswidrig sein. Die Aufschiebung der vom Gesetz angeordneten Strafbarkeit (§ 25 FinStrG) bei Fehlen einer Registrierkasse erfolgt mittels Erlass, der in der Verhandlung als "Weisung" ohne Rechtsgrundlage bezeichnet wurde. Diese könnte der VfGH auch als außenwirksame Verordnung einstufen, die sie auf Verfassungskonformität nach Art 139 B-VG prüfen kann.

Bis Ende März strafen die Behörden nicht, bis Ende Juni kann man sich auf Lieferverzögerungen und technische Probleme berufen, ab 1. Juli ist das Gesetz "scharf" anzuwenden. Diese zeitliche Staffelung ist außergesetzlich geregelt, und das stößt den Höchstrichtern auf. Denn Strafnormen unterliegen einer besonders strengen Legalitätsbindung und müssen im Gesetz selbst in allen Nuancen umschrieben sein.

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Aber auch auf der Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung gibt es zahlreiche Argumente gegen die neue Pflicht. Das zeigt eine Durchschnittsbetrachtung einzelner betroffener Sparten, Fachgruppen und Unternehmen: Die Friseurin von nebenan hat bereits eine Registrierkasse, aber sie benötigt dazu einen Chip, der sie 1700 Euro kostet.

Der Taxiunternehmer auf dem Land muss alle seine Fahrzeuge mit Thermodruckern ausrüsten, die bei den extremen Temperaturschwankungen ihren Dienst versagen. Die Verbuchung erfolgt mittels einer App, die eine stabile Mobilfunkverbindung erfordert, was im Alpenraum nicht überall gewährleistet ist. Der Zahlungsvorgang nach einer Taxifahrt wird künftig in eine verkehrsbehindernde und geschäftsstörende Länge gezogen.

Mit dem Inkrafttreten der Registrierkassen-Sicherheitsverordnung Anfang 2017 kommt dann neue Unbill auf die Unternehmer zu, die soeben erst ihre Infrastruktur für das Finanzamt aufgerüstet haben, weil sie dann einer sicheren Signatur bei der Datenübertragung bedürfen. Weitere Kosten sind programmiert, und die Zuschüsse sind minimal. (Gerhard Strejcek, 15.3.2016)