Stilles Gedenken an die Opfer der Tsunami-Katastrophe in Japan.

Foto: AFP PHOTO / TORU YAMANAKA

Fukushima – Mit einer Schweigeminute hat Japan am Freitag der Opfer der von einem Erdbeben ausgelösten Tsunami- und Atomkatastrophe von Fukushima vor fünf Jahren gedacht. Kaiser Akihito und Regierungschef Shinzo Abe nahmen an einer Zeremonie in Tokio teil und beugten um 14.46 Uhr ihre Köpfe. Abe treibt trotz der Angst seiner Landsleute vor der Atomkraft den Neustart des Atomkraftprogramms mit Hochdruck voran.

Das Beben und der folgende Tsunami am 11. März 2011 kosteten 18.500 Menschen das Leben. Im Atomkraftwerk Fukushima an der Ostküste waren die Kühlsysteme ausgefallen, woraufhin mehrere Reaktorkerne schmolzen. Es war die schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986 mit weltweiten Konsequenzen, sie führte auch zur Energiewende in Deutschland.

In Japan leben noch zehntausende Menschen in provisorischen Unterkünften. "Ich fühle Schmerz in meinem Herzen, wenn ich an diejenigen denke, die noch nicht heimkehren konnten", sagte Akihito beim Gedenken im Nationaltheater Tokios. "Ich hoffe, die Gesellschaft wird sich an uns erinnern: dass das Leben der Umgesiedelten noch sehr schwierig ist, auch finanziell", sagte Kazuko Nihei, die mit ihren Töchtern vor den Strahlen geflohen war, bei einer Gedenkveranstaltung in einem Park in der Hauptstadt.

Proteste vor IAEA in Wien

Durch die Atomkatastrophe drohen der japanischen Bevölkerung nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen in Zukunft rund 10.000 neue Krebsfälle. Wie die Organisationen PSR und IPPNW kürzlich in einem Bericht erklärten, werden die Folgen das Land "noch jahrelang plagen". Das dürfe von den Anhängern der Atomenergie "nicht unter den Teppich gekehrt werden".

Der deutsche Strahlenbiologe Edmund Lengfelder warf der japanischen Regierung am Freitag vor, die Bevölkerung über die Strahlenbelastung bewusst falsch informiert zu haben. Auch Tokio sei belastet gewesen, sagte er dem Deutschlandradio Kultur.

In Wien protestierten Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace ab 6.46 Uhr Ortszeit, genau fünf Jahre nach der Katastrophe, vor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Greenpeace kritisierte, dass die japanische Regierung und die IAEA die Folgen von Fukushima bewusst verharmlosen würden.

Die Umweltschutzorganisation forderte von Japan den kompletten Rückzug aus der Atomkraft und eine Energiewende. "Die japanische Regierung und die IAEA spielen die Konsequenzen von Fukushima bewusst herunter", sagte Adam Pawloff, Energiesprecher von Greenpeace in Österreich. "Doch in Wahrheit dauert die Katastrophe bis heute an."

Dennoch plane die Regierung die Rücksiedlung der Bewohner, die sie so einem erhöhten Strahlenrisiko aussetzen werde. Ungewiss sei überdies, wo die neun Millionen Kubikmeter Atommüll, die bei den Aufräumarbeiten angefallen seien, gelagert würden. Der radioaktive Müll stapele sich "an mehr als 50.000 Standorten", erklärte die Organisation.

Abe will an Atomenergie festhalten

Dessen ungeachtet will Ministerpräsident Abe an der Atomenergie festhalten. "Unser ressourcenarmes Land kann nicht ohne Atomkraft auskommen, um die Stabilität der Energieversorgung sicherzustellen", hatte er am Donnerstag bekräftigt. Auch das "ökonomisch Sinnvolle" sowie die Frage des Klimawandels müssten beachtet werden. Greenpeace hielt dem am Freitag entgegen, Japan sei "aufgrund seiner geografischen Bedingungen besonders gut für Wind- und Wasserkraft geeignet".

Nach der Katastrophe waren zunächst sämtliche Reaktoren in Japan abgeschaltet worden, um sie verschärften Sicherheitsvorgaben anzupassen. Die Betreiberfirmen und Abe dringen seit langem darauf, die Reaktoren wieder hochzufahren. Am Mittwoch hatte ein Gericht die Abschaltung von zwei seit dem Unglück wieder hochgefahrenen Reaktoren angeordnet, da sie nicht den verschärften Sicherheitsregeln entsprächen. Es war ein Dämpfer für Tokios Ambitionen. (APA, 11.3.2016)