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Ein paar Goldmünzchen für zwischendurch – zwei Frauen erwägen, bei einem Verkaufsautomat in Abu Dhabi das Edelmetall zu erwerben. Wohl auch in der Hoffnung, damit Kurssteigerungen zu erzielen.

Foto: EPA / Hannibal Hanschke

Zwei Schwestern, eine Stimme: Die Analystinnen Mary Ann (li.) und Pamela Aden erwarten, dass 2016 wieder ein Goldjahr wird.

Foto: Aden Research

STANDARD: Der Goldpreis ist seit Dezember stark gestiegen. Sollte man jetzt Gold kaufen?

Mary Ann und Pamela Aden: Nicht jetzt. Aber man sollte ein Auge auf Gold werfen. Der Preis ist seit Dezember stark gestiegen, wir erwarten daher, dass es bald zu Kurskorrekturen kommen wird. Dann könnte Gold eine super Investition werden, 2016 hat das Zeug, ein Goldjahr zu werden.

STANDARD: Wodurch zeichnet sich ein Goldjahr aus?

Aden: Das wirtschaftliche Umfeld ist für den Goldpreis gerade sehr günstig. Überall herrscht Unsicherheit. Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann die Weltwirtschaft wieder stärker wachsen wird, manchen Ländern droht politische Instabilität. Zentralbanken stehen in einem Abwertungskampf, es laufen gewaltige Liquiditätsprogramme und in manchen Ländern wurden Negativzinsen eingeführt. Wir wissen aber nicht, wohin das alles führt. In so unsicheren Zeiten flüchten Investoren oft in sichere Häfen – zum Beispiel in Gold.

STANDARD: Sollten sich Investoren Sorgen machen?

Aden: Könnten Sie, aber sie müssen nicht. Sicher, es ist wahnsinnig schwer, derzeit gute Prognosen abzugeben. 2016 ist ein Jahr des Wandels, wir navigieren durch unbekannte Gewässer. Aber die Zeiten sind auch extrem spannend. Sich mit Weltwirtschaft und den globalen Märkten zu befassen, ist wie ein nie endendes spannendes Buch. Und derzeit lesen wir eines der aufregendsten Kapitel.

STANDARD: Woran wird man merken, dass Gold in diesem Kapitel eine besondere Rolle spielen wird?

Aden: Wir glauben, dass mit der kommenden Kurskorrektur das Preisminimum für 2016 erreicht wird. Wenn der Goldpreis nicht unter 1100 Dollar fällt, ist Gold stark. Wenn Gold über 1200 Dollar bleibt, ist es sehr sehr stark.

STANDARD: Ist der Goldpreis ein guter Indikator für den Zustand der Weltwirtschaft? Steht uns ein schwieriges Jahr bevor, wenn Gold sehr stark ist?

Aden: Der Goldpreis hängt eher von der Stimmung auf den globalen Märkten ab und nicht so sehr von der Weltwirtschaft. Da müssen Sie auf andere Rohstoffe oder Metalle schauen, zum Beispiel auf den Ölpreis oder den Energiesektor. Diese Branchen leiden sehr stark unter den deflationären Tendenzen, die derzeit die Weltwirtschaft prägen. Oder nehmen Sie den Kupferpreis. Kupfer ist ein sehr guter Indikator für den Zustand der Weltwirtschaft.

STANDARD: Weil es industriell verarbeitet wird.

Aden: Ganz genau. Das gilt übrigens auch für andere unedle Metalle wie etwa Nickel oder Eisen. Deren Preise sind viel bessere Indikatoren für die globale Konjunktur als der Goldpreis.

STANDARD: Aber Gold wird doch auch verarbeitet. Zum Beispiel zu Schmuck.

Aden: Ja, man kann aus Gold Schmuck machen. Aber dann war es das fast auch schon wieder. Wie sich der Schmucksektor entwickelt, hat nur einen ganz kleinen Einfluss auf den Goldpreis. Andere Metalle braucht man im Bausektor oder für industrielle Anlagen. Das sind ganz andere Größenordnungen.

STANDARD: Können Goldminen durch die Anpassung der Fördermengen den Goldpreis nicht beeinflussen?

Aden: Die Abhängigkeit geht eher in die andere Richtung. Dass Gold seit 2013 geschwächelt hat, hat den Minensektor schwer getroffen. Seit der Goldpreis wieder steigt, haben auch Minenaktien zugelegt, die Papiere der Goldförderer haben seit Dezember an Wert gewonnen. Aber man muss vorsichtig sein: Minenaktien hängen auch von der Stimmung an den Börsen ab und machen die großen Trends mit. Es ist durchaus möglich, dass der Goldpreis steigt, aber Minenaktien verlieren. Aber in den kommenden Wochen dürften sich Goldpreis und Minenaktien relativ ähnlich bewegen. Wir glauben, dass auch hier Kurskorrekturen bevorstehen.

STANDARD: Wer kauft jetzt gerade Gold? Für welche Investoren ist es besonders interessant?

Aden: Private Investoren kaufen Gold, weil sie sich um die Weltwirtschaft sorgen und Angst haben, ihr Geld zu verlieren, wenn sie es anderswo anlegen. Das sind die sogenannten Gold Bugs, die kaufen, aber praktisch nie wieder verkaufen. Dann natürlich Hedgefonds: Die können auch von ganz kurzfristigen Preisschwankungen profitieren. Seit 2005 gibt es mit Exchange Traded Funds noch eine weitere Investorenklasse, die Gold stark nachfragt. Aber wenn 2016 wirklich ein Gold-Jahr wird, werden noch viele weitere Investoren darauf aufmerksam werden.

STANDARD: Wer zum Beispiel?

Aden: Staaten haben in den vergangenen Jahren bereits viel Gold gekauft und werden dies sicher noch vermehrt tun. China und Indien waren zuletzt besonders aktive Goldnachfrager. Wenn der Goldpreis anzieht, werden weitere Länder versuchen, ihre Goldreserven aufzustocken, solange der Preis noch niedrig ist. Gold ist immer noch so etwas wie ein Sicherheitsnetz für Währungen.

STANDARD: Also gibt es im Verborgenen noch einen Goldstandard, also die Deckung von Geld durch Gold?

Aden: Viele leugnen das, aber wir würden definitiv zustimmen. Gold ist die ultimative Währung. Ein Stück Gold wird immer ein Stück Gold sein und niemals etwas anderes. Ein Stück Papier kann heute 100 Euro sein und morgen wieder ein Stück Papier. (Aloysius Widmann, 11.3.2016)