US-Vizepräsient Joe Biden war bei seiner Pressekonferenz mit Israels Premier Benjamin Netanjahu am Mittwoch bemüht, die Wogen im Verhältnis zwischen Washington und Jerusalem zu glätten.

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"Meine Frau und meine beiden Enkelkinder waren gerade beim Abendessen am Strand, nicht sehr weit davon entfernt, wo das passiert ist – ich weiß nicht genau, ob es 100 Meter oder 1.000 Meter waren", sagte Joe Biden am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Premier Benjamin Netanjahu in Jerusalem.

Am Abend zuvor hatte der US-Vizepräsident gleich nach der Landung seinen ersten Termin beim israelischen Expräsidenten Shimon Peres in dessen Peres-Friedenszentrum im Tel Aviver Stadtteil Jaffa gehabt. Zeitgleich attackierte ein Palästinenser dort Passanten mit einem Messer. Ein US-Student wurde getötet, mindestens zehn Menschen verletzt, ehe der Terrorist von Polizisten erschossen wurde. "Die USA verurteilen diese Taten und verurteilen das Ausbleiben der Verurteilung dieser Taten", sagte Biden. "Die Gewalt, das Ausbleiben der Verurteilung, die Rhetorik, die zur Gewalt aufhetzt, müssen aufhören." Die Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte den Angreifer via Twitter "Held" und "Märtyrer" genannt.

Dienstag und Mittwoch hatte es in Jerusalem, Petach-Tikva und im Westjordanland weitere Anschläge auf Zivilisten, Polizisten und Soldaten gegeben, bei denen palästinensische Angreifer erschossen wurden. Experten vermuteten keinen Zusammenhang mit Bidens Anwesenheit.

Obamas letzter Versuch

Während die Debatte über Sofortmaßnahmen gegen den Terror den Besuch begleitete, war nicht klar, ob Biden bei Netanjahu neue Pläne zu einer politischen Lösung des Konflikts angesprochen hatte. Das Wall Street Journal hatte im Vorfeld berichtet, die Regierung von Barack Obama würde vielleicht doch noch ein letztes Mal versuchen, einen Prozess zu starten. Das Instrument könnte eine Resolution des UN-Sicherheitsrats sein. Neu wäre dabei, dass die USA die beiden Parteien nicht sich selbst überlassen, sondern ihnen einen Kompromiss gewissermaßen aufzwingen würden.

Obama würde von Israel verlangen, den Siedlungsausbau zu stoppen und Ostjerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaats zu akzeptieren; die Palästinenser müssten Israel als jüdischen Staat anerkennen und auf das "Rückkehrrecht" verzichten. Während Israel "direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen" verlangt, haben die Palästinenser sich zuletzt für die Idee einer internationalen Nahostkonferenz erwärmt.

Deutlich war Bidens Absicht, nach den jüngsten Unstimmigkeiten die Israelis zu beschwichtigen. "Wir fühlen uns verpflichtet, zu gewährleisten, dass Israel sich gegen alle gefährlichen Bedrohungen verteidigen kann", so Biden – eine Anspielung auf das für 2018 fällige neue Militärhilfepaket, um das gerade gefeilscht wird.

Israel will eine Erhöhung von drei auf bis zu fünf Milliarden Dollar jährlich, auch als Entschädigung für das Atomabkommen mit dem Iran. "Wenn sie das Abkommen brechen, werden wir handeln", so Biden. Am Dienstag testete der Iran ballistische Raketen. Ein General wurde zitiert: "Der Grund, warum wir Raketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern entworfen haben, ist, dass wir imstande sein wollen, unseren Feind, das zionistische Regime, aus sicherer Entfernung zu treffen." (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 10.3.2016)