Brüssel/Wien – Das seit Wochen anhaltende Tauziehen um eine Reform der Entsenderichtlinie hat sich am Dienstag als Sturm im Wasserglas entpuppt. Die EU-Kommission hat einen neuen Entwurf vorgelegt, der weniger Veränderungen zur derzeitigen Rechtslage bringen dürfte, wie Insider meinten. Die von Bundeskanzler Werner Faymann energisch geforderte Verschärfung, die den von osteuropäischen Arbeitskräften ausgehenden Lohndruck in Österreich reduzieren soll, ist dem Papier nicht zu entnehmen.

Die Entsenderichtlinie regelt die Entlohnung von Personen, die von einem ausländischen Betrieb dienstlich in ein anderes Land geschickt werden. Die SPÖ hatte sich vehement für eine bessere Bezahlung der hereinarbeitenden Beschäftigten ausgesprochen. Neben der bisher schon verpflichtenden Bezahlung des Mindestlohns sollen auch Zulagen oder Diäten gewährt werden. Überdies pocht Faymann darauf, dass für die Sozialbeiträge die österreichische Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Hierzulande waren zuletzt knapp 90.000 Personen aus Osteuropa über Entsendungen tätig.

EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen hat diese Forderungen in ihrem neuen Entwurf, der dem Standard vorliegt, großteils nicht berücksichtigt. Allerdings hat sie auf wilde Proteste reagiert und eine befürchtete Verwässerung des bestehenden Rechts wieder zurückgenommen. Insbesondere der Punkt, wonach die Entlohnung künftig nicht mehr nach Mindesttarif, sondern nach dem für den Arbeitnehmer notwendigen Schutz erfolgen soll, wurde von Gewerkschaften als Schlupfloch für Lohndumping gewertet.

Gesetzliche Mindestlöhne

Dieser Passus ist nun aus dem Gesetzestext gestrichen worden. Stattdessen wird nun eindeutig auf gesetzliche Mindestlöhne, Kollektivverträge und dergleichen verwiesen, was vor allem Schweden ein großes Anliegen war. In dem skandinavischen Land werden Löhne meist auf Unternehmensebene ausverhandelt.

Ebenfalls klargestellt wurde, dass die Entsenderichtlinie nicht nur für den Bau, sondern auch andere Branchen gilt. Einige Länder hatten in der nationalen Umsetzung des Regelwerks nur die Mindestlöhne im Bausektor verankert.

Enttäuscht äußerte sich die Gewerkschaft über die Initiative. Sie sei nicht viel mehr als eine Klarstellung der derzeitigen Bestimmungen, erklärte ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz. Österreich hatte auf zeitliche Begrenzungen der Entsendungen gedrängt, die künftig zwei Jahre dauern dürfen. Erst danach sind arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen des Gastlandes voll zu übernehmen.

Auch die Forderung, den ausländischen Unternehmen die Bezahlung von Zulagen oder Aufwandsentschädigungen verpflichtend vorzuschreiben, wurde von Thyssen nicht berücksichtigt. Weiters sprach sich Sozialminister Alois Stöger für rigorose Maßnahmen gegen Scheinentsendungen aus. Derzeit würden Personen nur in ausländischen Betrieben beschäftigt, um sie dann nach Österreich zu schicken. Gegen derartige Vorstöße setzen sich aber mehrere Staaten aus Osteuropa massiv zur Wehr. (as, 9.3.2016)