Gedenkstätte Mauthausen: Künftig mehr Möglichkeiten für Forschungskooperationen und interdisziplinäres pädagogisches Arbeiten.

Matthias Cremer

Was lange währt, wird endlich Gesetz. Jenes über die Ausgliederung der Gedenkstätten in eine Bundesanstalt, nach Vorbild der Bundesmuseen, ging am Dienstag in Begutachtung. Dies ist 2016 schon der zweite Schritt der Regierung, die Aufarbeitung von Österreichs jüngerer Geschichte gesetzlich sicherzustellen.

Bei den Gedenkstätten war das durchaus ein länger Prozess. SPÖ und ÖVP konnten sich über ein dreiviertel Jahr lang nicht über die genaue Ausgestaltung der Auslagerung einigen. Nach dem Beschluss über die Errichtung eines Hauses der Geschichte, den Kulturminister Josef Ostermayer mit Nachdruck betrieben hatte, ging es am Ende aber doch schnell – dem Vernehmen nach auch, weil der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, als "Spiegelminister" auf SPÖ-Seite zuständig, im Gegensatz zu seinem Vorgänger keinen Widerstand mehr leistete.

Mehr Unabhängigkeit

Die künftige Bundesanstalt öffentlichen Rechts wird zwar weiter dem Innenministerium unterstehen, aber mehr Unabhängigkeit und Bewegungsspielraum erhalten. Erstmals wird es möglich sein, interdisziplinär und international zu arbeiten – sich etwa an internationalen Gedenkstättenprojekten zu beteiligen.

Barbara Glück, die den "Gedenkstätten- und "Kriegsgräberfürsorgedienst" im Innenministerium leitet, zeigt sich dem STANDARD gegenüber froh über die Entscheidung. 1947 hatten die Allierten der Republik Österreich die ehemaligen Konzentrationslager mit der Auflage übergeben, diese zum "dauerhaften Gedenken" zu bewahren. Glück: "Mit diesem Gesetz haben wir heute dafür die Grundlage geschaffen."

Für Historikerin Glück geht es auch darum, "das Erinnern in das Heute zu transferieren." Die Frage "Was hat das Geschehen damals mit uns zu tun", müsse die künftige Gedenkarbeit noch viel mehr dominieren.

Finanzielle Grundlage

Die finanzielle Grundlage dafür ist da. In der Vorlage wird die Dotierung der Anstalt für die kommenden fünf Jahre festgeschrieben: 4,1 Millionen Euro für 2017, 4,2 Millionen für 2018, 4,3 Millionen für 2019 – und so weiter.

De facto ist das mehr als bisher. Auch 2016 war die Gedenkarbeit mit 4,1 Millionen dotiert, allerdings mussten um dieses Geld auch 57 Kriegsgräberstätten erhalten werden. Das fällt künftig weg: Die Kriegsgräberfürsorge verbleibt in der mittelbaren Bundesverwaltung, in der Obhut des Innenressorts.

Der Bundesanstalt wird ein Kuratorium übergeordnet, das die wissenschaftliche Aufsicht hat. In diesem sollen die auch jetzt "zuständigen" Ressorts vertreten sein: das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium, das Finanz-, Bildungs- und Wissenschaftsministerium sowie das Außenministerium.

Neu ausgeschrieben

Der Posten des Geschäftsführers wird, ebenso wie die kaufmännische und die pädagogische Leitung, neu ausgeschrieben. Und er bekommt künftig zwei Beiräte beigestellt. Im ersten sind die Opfervertreter, die Glaubensgemeinschaften und die Sozialpartner repräsentiert, der zweite ist ein wissenschaftlicher Beirat, der interdisziplinär und international besetzt werden soll.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist zufrieden: Mit dem neuen Gesetz komme die Regierung ihrer Verantwortung nach, "Verdrängen und Vergessen-wollen" nicht zuzulassen, sagte Mikl-Leitner zum STANDARD: "Wir schaffen eine zeitgemäße Struktur, mit der die Gedenkstätten auch für die Zukunft dauerhaft abgesichert werden, auch finanziell. Die Gedenkarbeit muss als Teil unseres demokratischen Selbstverständnisses gesetzlich verankert werden."

Noch vor dem Sommer soll das Gesetz den Nationalrat passieren, Anfang 2017 soll es in Kraft treten. (Petra Stuiber, 8.3.2016)